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Marktanalyse: Die Zentralbanken und ihr Balanceakt

Andreas Wosol

Globale Aktien hatten das schlechteste erste Halbjahr seit Beginn der Aufzeichnungen, erholten sich jedoch im Juli kräftig mit der besten Monatsrendite seit zwanzig Monaten. Der amerikanische Aktienmarkt und die Technologieaktien führten die Performance nach einer besser als erwarteten US-Gewinnsaison an. Darüber hinaus halfen auch Erwartungen, dass die US-Notenbank in den kommenden Monaten weniger aggressiv sein könnte – nachdem sie die Zinsen im Juli um 75 Basispunkte angehoben hatte. Bedenken hinsichtlich einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und einige Anzeichen dafür, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreichen könnte, führten dazu, dass die Anleger begannen, ein weniger aggressives Tempo der geldpolitischen Straffung durch die Fed in den kommenden Monaten einzupreisen. Ein Grund, warum die Märkte begonnen haben, die Inflationserwartungen neu zu bewerten, ist der Rückgang der Rohstoffpreise. Die Aussicht auf ein langsameres globales Wachstum und eine bevorstehende Rezession sowohl in Europa als auch in den USA wirkten sich dämpfend auf die Ölpreise aus, wobei Brent-Rohöl-Futures um -4,2 % und WTI-Futures um -6,8 % gehandelt wurden. Der Rückgang bei Rohstoffen wie Kupfer (-3,8 %), Weizen (-7,0 %) und Eisen (-5,8 %) dürfte den Preisdruck ebenfalls verringern. Sinkendes Wachstum in Verbindung mit einem erwarteten Fed-Wendepunkt haben dazu geführt, dass die Renditen von den Juni-Höchstständen zurückgegangen sind, was den hoch bewerteten und schwergewichtigen Marktsegmenten, wie Tech/Wachstum/Qualität mit langer Duration, aber auch den unterbesessenen zyklischen Werten, eine gewisse Erleichterung verschafft.

Auch europäische Aktien verzeichneten im Juli ihren größten Monatsgewinn seit November 2020. Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine wurden die Kapitalmärkte von Gegenwinden beherrscht, darunter restriktive Zentralbanken, steigende Inflation, schwächere Wirtschaftswachstumsdynamik und eingeschränkte Gasversorgung. Die Aktienmarkterholung im Juli in Europa wurde von Technologie und den zyklischen Sektoren wie Industrie und Konsumgüter angetrieben. Bei der EZB-Sitzung Mitte des Monats begann die Zentralbank ihren Zinserhöhungszyklus mit einer Erhöhung um 50 Basispunkte.

In diesem Umfeld zeigte auch der zyklischere österreichische Aktienmarkt im Juli eine starke positive Performance, wobei zyklische Werte und Banken die Führung übernahmen. Die stärksten Kursanstiege verzeichneten Andritz (+18,5%), Verbund (+15,2%), voestalpine (14,72%), EVN (13,86%) und RBI (+13,83%), während OMV (-7,46%), Mayr-Melnhof (-3,83%) und AT&S (-3,06%) die Schlusslichter waren.


Autor:

Mag. Andreas Wosol
Vorstand ÖVFA
Amundi Austria GmbH, Head of Value
3. August 2022

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Hinweis

Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Analysten wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.

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