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Hohe Gewinne vor dem Sturm

Christian Sec. | Börsen-Kurier

Warnungen vor zu viel Optimismus treffen auf steigende Erträge der Geschäftsbanken.

Im Oktober warnte der Chef der EZB-Bankenaufsicht Andrea Enria vor zu viel Optimismus im Bankensektor aufgrund der positiven Auswirkungen steigender Zinssätze auf die Gewinne der Kreditinstitute. Die jüngsten Ergebnisse des OeNB-Stresstests zeigen zwar, dass der österreichische Bankensektor eine solide Risikotragfähigkeit aufweist. Aber auch die OeNB verkündete, dass die Risiken für die Finanzmarktstabilität im Laufe des Jahres 2022 deutlich zugenommen haben. Das Wachstum der Bankkredite an Haushalte, insbesondere im Bereich der Wohnimmobilienfinanzierung, hat sich zuletzt abgeschwächt. Es befindet sich jedoch mit 4,7 % per September 2022 nach wie vor auf einem hohen Niveau, und somit immer noch höher als in allen Jahren von 2008 bis 2020. So warnt die OeNB, dass rund die Hälfte aller vergebenen Bankkredite in den vergangenen fünf Jahren variabel verzinst sind, sodass viele Haushalte mit einem deutlichen Anstieg ihres Schuldendienstes konfrontiert sind. „Bei gleichzeitig höheren Ausgaben aufgrund starker Preisanstiege nimmt der Anteil an Haushalten, die in Rückzahlungsschwierigkeiten geraten könnten, zu“, so OeNB in einer Aussendung. 

Noch bleibt jedoch die Kreditqualität solide. Die Erste Group verkündet, dass sich die NPL-Quote (notleidende Kredite) mit 2,0 % im dritten Quartal weiterhin auf sehr niedrigem Niveau befinde. Die Bawag erzielte gar eine NPL-Ratio von 1,0 %. Allein bei der RBI erhöhte sich der Anteil notleidender Obligos (NPE) aufgrund des Russland-Geschäfts um 0,7 %-Punkte auf 2,2 %. 
Zinsüberschuss im Osten

Der positive Effekt höherer Zinsen hat jedenfalls die negativen Auswirkungen der Inflation bislang wettgemacht. Tatsächlich profitierten die Banken in den ersten drei Quartalen des Jahres von hohen Steigerungen der Zinsüberschüsse. Die RBI steigerte ihre Zinsüberschüsse um mehr als 52 %, die Erste Group um 19,5 und die Bawag um 8 %. Der Unterschied ist vor allem bedingt durch ein Ost-West-Gefälle bei den Erträgen zu erklären. So liegt das Kerngeschäft der Bawag in Österreich und Westeuropa, wo die Zinsen durch die späte Zinserhöhung der EZB noch relativ niedrig sind, während in den CEE-Ländern viele Zentralbanken schon im vergangenen Jahr mit Zinserhöhungen auf die steigende Inflation antworteten. Neben den höheren Zinsmargen in den CEE-Ländern tragen vor allem Unternehmensfinanzierungen zum starken Anstieg der Nettozinsrendite bei. In der Erste Group stieg der Zinsüberschuss beim Kundensegment Firmenkunden um mehr als 27 %. 

Risikokosten werden aufgestockt

Die negativen Auswirkungen der Inflation auf die Kaufkraft und eine mögliche Rezession lässt die Risikokosten der Banken steigen. Die Erste Bank hat für zyklische Industrien, die am stärksten durch die volatilen Energiemärkte belastet sind (Energie, Metalle und Chemie) Vorsorgen in Höhe von 147 Mio. EUR gebildet. Auch die Bawag wird ihr Management-Overlay weiter aufstocken, wie sie anlässlich der Präsentation der Quartalszahlen verkündete. Das Management-Overlay wurde bereits um 21 auf 82 Mio. EUR gesteigert. Die RBI verzeichnete im Quartalsvergleich einen deutlichen Anstieg der Risikokosten um 67 auf 104 MioE, der vor allem auf Vorsorgen für Kredite im Immobiliensektor sowie im Cross-Border-Geschäft mit Russland zurückzuführen war. 

Um weiterhin das hervorragende Rating des österreichischen Bankensektors abzusichern, fordert die OeNB die Banken zur Stärkung der Kapitalbasis auf. Die harte Kernkapitalquote liegt bei Erste Group bei 13,8 %, bei der RBI bei 14,6 % und bei der Bawag bei 13,0 % und damit über den Empfehlungen der EZB vom Feber dieses Jahres mit 10,6 %.

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