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Silberstreifen am Horizont: Experten wieder zuversichtlicher für deutsche Konjunktur

Christiane Süßel | Börsen-Kurier

Die dunklen Wolken am deutschen Konjunkturhimmel lichten sich. Gleich zwei positive Nachrichten pusten die schlechte Stimmung beharrlich zur Seite. Da ist die Meldung vom Statistischen Bundesamt, dass die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal nicht wie im zweiten Quartal (-0,2 %) geschrumpft ist. Zwar kam das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen Juli und September nur um magere 0,1 % voran, doch die Analysten hatten mit einem Rückgang um 0,1 % gerechnet. Mit dem leicht positiven Wert sei Deutschland „um Haaresbreite“ an einer technischen Rezession vorbeigeschrammt, kommentieren die Analysten der Deutschen Bank. (Anm.: Eine technische Rezession ist gegeben, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen das BIP zurückfällt.) Der unerwartete BIP-Anstieg fußt in den Augen von Katharina Utermöhl, Analystin bei der Allianz, vor allem auf der weiter robusten Binnennachfrage, allen voran steigenden Bauinvestitionen, die den Gegenwind seitens des Außenhandels wettmachten. Sie sieht dennoch keinen Grund zum Feiern, denn auch infolge des verhaltenden Welthandels und der lahmenden Automobilbranche sei in den kommenden Quartalen bestenfalls mit einem Mini-Wachstum zu rechnen. Da die Industrieschwäche auf die Binnennachfrage abfärbe, bleibe auch 2020 das Rezessionsrisiko erhöht. Nord LB-Chefökonom Christian Lips sieht immerhin den Beginn einer Bodenbildung: „Nicht mehr, und nicht weniger.“

Dabei sind etwa die Finanzexperten, denen das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) monatlich den Puls fühlt, im November besserer Laune. Mitten im warmen August waren ihre Konjunkturerwartungen mit -44,1 Punkten auf einen eisigen Tiefstand eingebrochen und hatten sich im Oktober auf -22,8 Zähler erholt. Nun blicken sie deutlich optimistischer in die kommenden Monate. Der ZEW-Erwartungsindex springt um satte 20,7 Zähler auf -2,1 Punkte, bewegt sich damit aber immer noch auf dünnem Eis. Zudem tragen die Finanzprofis beim Blick auf die aktuelle Lage keine rosarote Brille. Der ZEW-Lagewert ist mit -24,7 Punkten weiterhin alles andere als berauschend. Als Treiber für den Stimmungsaufschwung sieht ZEW-Präsident Achim Wambach die gestiegenen Hoffnungen, „dass sich das internationale wirtschaftspolitische Umfeld in der näheren Zukunft verbessern wird.“ Auch der Chefökonom der VP Bank Thomas Gitzel hofft, dass vorerst das Schlimmste an Hiobsbotschaften hinter der deutschen Volkswirtschaft liegt: „Einige Stolpersteine scheinen aus dem Weg geräumt.“ Allerdings richteten sich die ZEW-Konjunkturerwartungen mit ihren Scheinwerfern bereits in das Jahr 2020: „Wenn sich Konjunkturfrühindikatoren verbessern, sprechen wir nicht über Wachstumsraten von 2 %, sondern vielmehr von einem BIP-Zuwachs in der Größenordnung zwischen 0,5 und 1,0 %“, bremst er die Euphorie. Immerhin korrigiert auch die Deutsche Bank ihre BIP-Prognose für 2019 von 0,3 auf nun 0,5 % nach oben.

Dreh- und Angelpunkte für den Ausblick der deutschen Wirtschaft seien die Entwicklungen an der Handelsfront. 2020 könnte das BIP bei 1 % liegen, so die Schätzung der Deutschen Bank. Das wäre immer noch deutlich besser als das BIP-Plus im laufenden Jahr.

 

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