"IPO Success Stories" – gemeinsam mit Trending Topics sprechen wir mit einigen der angesehensten und wichtigsten Unternehmerinnen und Unternehmern Österreichs über den Weg ihrer Firmen an die Börse.

Wer in Österreich BioTech sagt, muss auch Marinomed sagen. Seit 2019 an der Wiener Börse, ist das Unternehmen von Eva Prieschl-Grassauer (CSO) und Andreas Grassauer (CEO) zum Vorzeige-Beispiel dafür geworden, wie ein universitäres Spin-off zum Börsenunternehmen wachsen kann. Aus der Veterinärmedizinische Universität in Wien heraus, zuerst ausgestattet mit Darlehen und Förderungen der heimischen Förderagenturen und dann mit einem Investment durch die Brüder Mohammed und Abdul Al Sheikh, bahnte sich Marinomed den Weg an die Börse.

„Da war ein Meeresbiologe, ein Tierarzt, eine Immunologin und ein Virologe – das war ich – die zusammen die Idee geboren hatten, man könnte doch das Know-how gemeinsam bündeln und neue pharmazeutische Wirkstoffe entwickeln“, sagt CEO Andreas Grassauer. „Und es hat dann relativ schnell auch geklappt, dass man einen Wirkstoff gefunden hat, der eine sehr breite virusblockierende Wirksamkeit hatte. Und das ist heute noch der Top-Umsatzbringer unseres Unternehmens.“

IPO Success Story der Marinomed direkt anhören:

Nach den ersten Seed-Investments konnte Marinomed die österreichischen Mittelstandsfinanzierer, also den aws Mittelstandsfonds und die Invest AG, an Bord holen. Vor dem IPO 2019 wurde mit einer Pre-IPO-Wandelanleihe im Umfang von 7 Millionen Euro Kapital aufgenommen, um Schlüsselprojekte – das antialergische Medikament und das Augenmedikament – weiter zu pushen.

Nach der Umwandlung der Firma in eine AG dann 2019 der IPO. „Wenn man eine Life-Science-Firma gründet, da gibt es immer die Option, ein Initial Public Offering zu machen, weil der Kapitalmarkt eine Möglichkeit ist, derartige Dinge zu finanzieren“, sagt Grassauer. „Das Geschäftsmodell eines Biotechnologieunternehmens basiert ja letztendlich darauf, dass man sehr, sehr lange in Forschung und Entwicklung investiert, mit dem ultimativen Ziel, am Ende des Tages zu monetarisieren. Man hat eine sehr, sehr lange und oftmals eine längere als erwartete Investitionsphase.“ Internationale Beispiele wie BioNTech oder Novo Nordisk zeigen, wie auch durch IPOs finanzierte BioTechs nach vielen Jahren R&D durch die Decke gehen können – und substanzielle Beiträge zu Volkswirtschaften leisten können.

Der IPO: 22 Millionen Euro für die Weiterentwicklung

Der Marinomed-IPO, eigentlich zuerst für 2018 geplant, erfolgte 2019 mit einem Emissionsvolumen von etwa 22,4 Millionen Euro. „Für uns war es ein Finanzierungs-Event, das Gesamtdeposit sind ins Unternehmen gegangen und sind für die Weiterentwicklung der Top-Assets verwendet worden. Wir konnten mit dem Geld eine später dann erfolgreiche Phase-III-Studie für unser Allergiemedikament finanzieren und wir konnten eine durchaus wichtige und große Phase-II-Studie für unser Augenpräparat, das ist ein Präparat für entzündliche Augenkrankheiten finanzieren, und auch diese Studie ist erfolgreich verlaufen“, sagt Grassauer.

Es sei eine „österreichische Anomalie“, dass Hochtechnologie hierzulande nur selten über die Börse finanziert werden würde. „Die Kapitalressourcen, die nicht von der Börse kommen, haben bei weitem nicht dieses Ausmaß, die man eben über den Kapitalmarkt bekommt. In der Folge tun sich natürlich manche Unternehmen viel schwerer, den nächsten Schritt zu machen, als es eigentlich sein müsste, weil die Qualität der Wissenschaft, des Engineerings und des Personals, das wäre definitiv vorhanden.“

Die Wahl für den Börsenplatz Wien war bei Marinomed schnell getroffen. „Man kriegt die entsprechende Aufmerksamkeit am Heimmarkt“, sagt Grassauer. „In den USA brauchst du eine amerikanische Story, und eine reine Tatsache, dass ich Geld für eine pharmazeutische Entwicklung in einem europäischen Unternehmen brauche, ist keine amerikanische Story“, sagt Grassauer. IPOs in den USA seien auch viel größer, und dadurch auch teurer. „Es gibt natürlich auch eine Kostenkomponente. Wir haben immer aufs Geld geschaut, waren immer vorsichtig mit den Ausgaben, und wenn man sich anschaut, was eine Notierung an der Nasdaq kostet und eine Notierung an der Wiener Börse, dann war die Entscheidung für Wien doch einfach.“
 

Der IPO hat Marinomed nicht nur frisches Kapital zur Weiterentwicklung der Kernprodukte gebracht, sondern auch einen Boost in der internationalen Wahrnehmung. „Als gelistete Firma im prime market wird man ganz anders wahrgenommen, als als privates Unternehmen. Die damit verbundene Transparenz hat sich sehr positiv auf uns ausgewirkt und ich bin mir relativ sicher, dass auch unsere Zusammenarbeit mit dem US-Konzern Procter & Gamble, die wir vor mehr als einem Jahr bekannt geben konnten, nicht in der Form passiert wäre, wären wir nicht ein gelistetes Unternehmen.“

„Life Science und Biotech haben immer Saison“

Für Jungunternehmer, die ihre Tech-Firmen an die Börse bringen möchten, hat Grassauer einige Tipps. „Der Kapitalmarkt braucht eine Geschichte. Der Investor kauft die Aktie aus einem einzigen Grund. Nämlich, weil er glaubt, dass diese Aktie morgen mehr wird als heute“, so der Marinomed-CEO. Mit der Unternehmens-Story müsse man Daytrader genauso wie Langzeitanleger:innen ansprechen können. „Unternehmer:innen sollten sich nicht vor der Börse fürchten. Das ist kein gemeiner oder böser oder unfreundlicher Platz, sondern ein hochregulierter Markt, der eine Riesenchance bietet: das Unternehmen, für das man verantwortlich ist, entsprechend weiterzuentwickeln.“ Die Börse böte „die Chance, Wachstumspotenziale zu nützen in Bereichen, an die man vorher gar nicht gedacht hat.“

Zwar sieht Grassauer das börsliche Umfeld, in dem die Health-Branche derzeit agiert, schwierig (z.B. Teuerung von Medikamenten als US-Wahlkampfthema 2024), jedoch gelte immer:

„Wenn eine Innovation wirklich ein signifikantes Problem löst oder eine Verbesserung für den Menschen bringt, dann hat Life Science und Biotech immer Saison. Wenn ich eine Krankheit heilen kann, dann werden die Menschen völlig unabhängig davon, wie gerade die Wirtschaftslage ist, dieses Medikament haben wollen und dann wird es die Umsätze entsprechend geben. Gesundheit ist ein Langzeitthema, das immer präsent sein wird.“

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