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Industrielle Subsistenzwirtschaft

Christian Sec. | Börsen-Kurier

Lieferkettenoptimierung sowie Eigenversorgung statt Abhängigkeit werden essenziell.

Die Sicherung und der Aufbau von Lieferketten wurden während der Pandemie und darüber hinaus zu einem der wichtigsten Bausteine, um die Widerstandskraft von Unternehmen zu steigern. Der Karton-Hersteller Mayr-Melnhof kündigt an, in den kommenden Jahren ein starkes Augenmerk auf die Risikobewertung von Lieferanten zu legen, um sie und deren Produktionsschritte besser zu verstehen. Chancen und Risiken sollen dabei aufgedeckt und beseitigt werden. 

Kooperationen innerhalb der Gruppe

Die Andritz-Gruppe hat bereits vor einigen Jahren ein Programm gestartet, das sich auf das Thema des Managements der Lieferketten-Resilienz fokussiert. Wesentlicher Schwerpunkt ist die Schaffung einer globalen Lieferantenstruktur sowie die Erhöhung der Transparenz und der Zusammenarbeit der einzelnen Einkaufsorganisationen innerhalb der Andritz-Gruppe weltweit. „Diese Flexibilisierung und die globalen Kooperationen haben in den derzeitigen Krisen ihre klare Wirkung gezeigt“, so Michael Buchbinder, Sprecher des Unternehmens, zum Börsen-Kurier. 

Industrielle Subsistenzwirtschaft

Der Vorstand der Österreichischen Kontrollbank (OeKB) Helmut Bernkopf beobachtet vermehrte Investitionen in Produktionsanlagen der Industrieunternehmen nicht zuletzt auch deshalb, weil Unternehmen ihre Zulieferstrukturen verbessern wollen, wie er in einem Interview mit dem Industriemagazin erklärt.  

Ein Beispiel dafür ist der oberösterreichische Zellfaserhersteller Lenzing, der sich heute als deutlich widerstandsfähiger als noch vor einigen Jahren bezeichnet. In Brasilien hat der Konzern vor Kurzem ein neues Zellstoffwerk in Betrieb genommen, das künftig maßgeblich dazu beitragen soll, die Eigenversorgung mit Faserzellstoff zu stärken, erklärt das Unternehmen. Zusätzlich hat sich der Betrieb einen 44.000 Hektar großen Nutzwald für die Bereitstellung der Biomasse gesichert. Das neue Werk stärkt damit laut eigener Aussage die Rückwärtsintegration des Konzerns, um so von Zulieferern unabhängig zu sein. Die Projekt-Investitionssumme betrug insgesamt rund 1,38 Mrd USD.  Weiters investiert Lenzing in eine Luftreinigungs- und Schwefelwiederaufbereitungsanlage am Standort Lenzing. Das Investitionsvolumen seit dem Baustart 2019 beträgt rund 40 Mio Euro. Die Anlage hilft nicht nur, die CO2-Emissionen weiter zu senken, sondern auch die Eigenversorgung mit kritischen Prozessrohstoffen zu erhöhen. „Mit Projekten wie diesen versuchen wir uns unabhängiger aufzustellen“, erklärt Stepan Sielaff, der neue Vorstandsvorsitzende von Lenzing, gegenüber dem Börsen-Kurier. 

Nachfrageschocks als Auslöser

Allein die Unabhängigkeit von Zulieferern ist jedoch manchmal unzureichend, um hohen Nachfrageschwankungen zu begegnen. Auch wenn im Falle von Ziegelhersteller Wienerberger zwei Drittel der Tonreserven aus eigenen Quellen abgebaut werden, kam es durch den pandemiebedingten Nachfrageschock im Herbst 2021 kurzfristig zu längeren Lieferzeiten. 

Daraufhin wurde rasch mit einer Investition von mehr als 500.000 Euro in den Standort Hennersdorf die dortige Produktionskapazität kurzfristig um 5 % und mittelfristig um 15 % gesteigert. Für 2022 wurden die Produktionskapazitäten weiter optimiert.


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