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Wiener-Börse-Chef: Brauchen mehr privates Geld am Kapitalmarkt

22.05.2024, 12:15:00

Stärkung der privaten und betrieblichen Vorsorge wesentlich für mehr Liquidität an den Märkten

Der Chef der Wiener Börse, Christoph Boschan, sowie der Aufsichtsratschef der Börse und Wienerberger-Chef Heimo Scheuch haben bei der heutigen Jahrespressekonferenz einmal mehr auf eine stärkere Entwicklung der Kapitalmärkte in Österreich und generell in Europa gepocht. Dafür brauche es vor allem mehr privates Geld am Markt und das ginge nur über größere "Kapitalsammelstellen", so Boschan am Mittwoch. In Österreich ginge das aber nur sehr schleppend voran.

Vor allem die Stärkung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge - beispielsweise durch eine Verpflichtung zu einer solchen - würde eine große Kapitalsammelstelle erzeugen und so mehr Geld in den Kapitalmarkt spülen, so Boschan. In anderen Ländern wie der Schweiz oder Schweden gebe es solche verpflichtende Vorsorgen bereits. Auch ein Staatsfonds nach norwegischem Vorbild sei eine Option.

In Österreich ist die Performance der privaten Vorsorgekassen aber nur mäßig. Das liegt laut dem Wiener-Börse-Chef vor allem an der gesetzlichen Kapitalgarantie, die eine Rendite verunmögliche. "Anlageerfolg lässt sich nicht herbeiregulieren", so Boschan. Um eine angemessene Rendite zu erzielen, müsse man in der privaten und betrieblichen Vorsorge mehr Freiheiten und auch mehr Risiken zulassen, die Veranlagung aber gleichzeitig breit streuen. Dann sei die Kapitalgarantie "inhärent da", da Aktien langfristig jede andere Anlage schlagen würden, sagte Boschan.

Ein besser entwickelter Finanzmarkt in Österreich und generell in der EU wäre außerdem wichtig, um im Wettbewerb gegen den sehr liquiden US-Finanzmarkt konkurrieren zu können und Unternehmen zur Notierung am heimischen Markt zu bewegen. Denn die Betriebe benötigen die Mittel für Innovationen und Investitionen rund um den Klimawandel und suchen daher auch zunehmend den Zugang zum US-Aktienmarkt. Das schwäche jedoch die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Finanzmärkte.

Der Staat müsse jedenfalls mehr tun, um den Wiener Kapitalmarkt voranzubringen, es gehe nur langsam voran, sage Scheuch. Er plädierte unter anderem für einen Kapitalmarktbeauftragten, der mit der Politik in Kontakt steht und die Kapitalmarkt-Entwicklung vorantreibt. Dass die Abschaffung der Kapitalertragssteuer (KESt) auf Wertpapiere bei gleichzeitiger Behaltefrist noch immer nicht umgesetzt ist, bedauern Scheuch und Boschan. "Die politische Kraft zur Veränderung fehlt diesem Land derzeit", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende. Die Einführung einer Behaltefrist sollte eine "Fünf-Minuten-Frage" sein, meinte er.

Trotz der Sorgen um den heimischen Kapitalmarkt fallen die Jahreszahlen der Wiener-Börse-Gruppe (Wien und Prag) stabil aus. Durch die Diversifikation der Geschäftsfelder sei die Wiener Börse gut aufgestellt, so Boschan. Das betreffe vor allem das gut laufende Geschäft mit Daten. Die Wiener Börse stellt die IT für fünf Börsen (Wien, Prag, Laibach, Budapest, Zagreb) und Marktdaten und Indizes für 11 Märkte zur Verfügung. Darüber hinaus laufe das Geschäft mit Anleihen-Listings gut, sagte der Chef der Wiener Börse.

Im Vorjahr wurden Konzern-Umsatzerlöse in Höhe von 78,9 Mio. Euro erzielt, nach 80,0 Mio. Euro im Jahr davor. Das Ergebnis vor Steuern lag 2023 bei 47,9 Mio. Euro (2022: 47,3 Mio. Euro). Die Aktienumsätze gingen indessen von 87 Mrd. Euro auf 66 Mrd Euro zurück. 54 Mrd. Euro der Umsätze wurden in Wien erzielt, 12 Mrd. Euro an der Börse in Prag.

bel/tsk

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Quelle: APA, Meldungen der letzten 4 Wochen