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20 Jahre EU-Osterweiterung: Raiffeisen sieht Erfolgsgeschichte

22.04.2024, 13:37:00

Politische Herausforderungen wurden dennoch unterschätzt

Am 1. Mai 2024 jährt sich der Beginn der EU-Osterweiterung zum 20. Mal, laut Raiffeisen Research war das der Beginn einer wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte. "Wenn man auf die Gesamtregion schaut, ja, es war eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte", sagte Gunther Deuber, Leiter der Raiffeisen Research. Auf politischer Ebene seien bei der Aufnahme der Zentral- und Osteuropäischen Länder in die EU manche Herausforderungen allerdings unterschätzt worden.

Die Wirtschaftsleistung der zentraleuropäischen Länder Tschechien, Slowakei, Polen, Ungarn und Slowenien sei seit ihrem EU-Betritt kontinuierlich gestiegen. Gemeinsam erwirtschaften sie heute circa 8,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der EU, ihre Wirtschaftskraft übersteigt etwa jene der Niederlande deutlich. "Es ist wirtschaftlich einiges vorangegangen", sagte Deuber am Montag bei einem Pressegespräch. Als Basis des Aufholprozesses der Region sieht er die Integration in den EU-Binnenmarkt und die damit einhergehende hohe Handelsoffenheit der Region. Eine solche hohe Handelsoffenheit sei dabei aber auch immer ein "Übertragungsmechanismus" bei zyklischen Problemen in der Weltwirtschaft. "Insofern macht es natürlich Sinn, auch die lokale Wertschöpfung, lokale Dienstleistungen zu stärken", so der Ökonom.

In den vergangen 20 Jahren sei auch die wirtschaftliche Verflechtung der CEE-Länder untereinander gestiegen. "Der Handel in der Region wird immer wichtiger", sagte Deuber. Zentral für die Region sei der Außenhandel: Seit der EU-Osterweiterung habe der Außenhandel im Polen etwa um 743 Prozent zugelegt, selbst in Ungarn lag das Plus bei 391 Prozent. "Die Wirtschaftsintegration, die Wettbewerbsfähigkeit im Außenhandel, in Summe eine Erfolgsgeschichte", erklärte der Volkswirt.

Die ausländischen Direktinvestitionen hätten seit dem EU-Beitritt der CEE-Länder kontinuierlich zugenommen."Es gibt sehr viele Investitionen ausländischer Firmen in der Region, es gibt aber relativ geringe ausländische Investitionen aus der Region in anderen Ländern", sagte Deuber. In den westlichen EU-Ländern sei das meistens ausgeglichener. Das habe in der Region zu einem wirtschaftspolitischen Umdenken geführt, sodass viele Länder nun vermehrt ihre eigenen "lokalen Champions" und "Leuchttturm-Unternehmen" fördern wollen.

Auch beim BIP pro Kopf sieht Raiffeisen Research eine nachhaltige Wohlstandssteigerung in den CEE-Ländern. Aufholpotenzial gibt es laut Deuber im Bankensektor. Hier sei die Annäherung an die EU holpriger und auch nach Ländern unterschiedlicher verlaufen als auf makroökonomischer Ebene. Während die Bankkredite in Tschechien und der Slowakei im Vergleich zum Durchschnitt der Eurozone in den vergangenen 20 Jahren permanent zugelegt hätten, seien die Kredite in Ungarn, Slowenien und Polen kaum gestiegen. "Im Bankensektor gibt es sehr differenzierte Entwicklungen, wo man noch genauer hinschauen muss", sagte Deuber. Tschechien und die Slowakei hätten insgesamt am deutlichsten von der EU-Osterweiterung profitiert.

Österreichs Banken seien in der Region gut positioniert. Der Marktanteil der heimischen Großbanken in der Region Zentraleuropa allgemein und in Tschechien konkret liege bei 25 Prozent, in der Slowakei gar bei fast 40 Prozent.

Dennoch seien bei der EU-Osterweiterung einige Herausforderungen auf politischer Ebene unterschätzt worden. "Damals stand rein der Binnenmarkt im Vordergrund. Dass die EU-Osterweiterung auch eine geopolitische Komponente hat, das war einem damals viel weniger bewusst", sagte Deuber.

Vladimir Vano, Chefökonom beim slowakischen Thinktank Globsec, sieht in der Region etwa eine zunehmende Skepsis gegenüber der EU und den damit einhergehenden Aufschwung rechtsextremer Parteien. Während der EU-Betritt für viele, vor allem junge und gebildete, Bürgerinnen und Bürger zentraleuropäischer Länder einige Vorteile gebracht habe, etwa mehr Rechtsstaatlichkeit, Stabilität und auch bessere persönliche und berufliche Chancen, habe es im Transformationsprozess auch eindeutige Verlierer gegeben. Dazu zählt Vano ältere, nicht mehr erwerbstätige Menschen aber auch frühere Staatsbeamte, deren Profession durch den EU-Beitritt an Ansehen verloren habe.

Aus Sicht der Experten ist es deshalb notwendig, bei zukünftigen EU-Erweiterungen auch geopolitische und soziale Komponenten stärker mitzudenken.

cgh/tsk

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