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Textil-Flaute - Lenzing schrieb 2023 knapp 600 Mio. Euro Verlust

15.03.2024, 12:20:00

Fünf Produktionswerke um 465 Mio. abgewertet - Lenzing-Chef: Erwartete Erholung "blieb bisher aus" - Für 2024 noch keine Entwarnung - Abbau von 500 Stellen läuft, 80 davon in Österreich

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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Mehr Details nach Bilanzpressekonferenz, u. a zu Stellenabbau und Einsparprogramm
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Der börsennotierte Faserhersteller Lenzing
schreibt aufgrund von veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
den Wert von fünf Produktionswerken um 465 Mio. Euro ab und meldet
für 2023 insgesamt einen Nettoverlust von 593 Mio. Euro. Das
negative Marktumfeld habe das Geschäftsergebnis stark beeinflusst,
teilte der Konzern am Freitag mit. Zum Vergleich: Im Jahr 2022
belief sich das Ergebnis nach Steuern auf minus 37,2 Mio. Euro.
Die von Abschreibungen betroffenen Lenzing-Werke befinden sich in
Indonesien, Österreich, China, Thailand und den USA. Die Gründe für
die Sonderabschreibungen sind laut dem oberösterreichischen
Faserhersteller einerseits weiterhin bestehende Unsicherheiten im
wirtschaftlichen Umfeld und andererseits nach wie vor erhöhte
Rohstoff- und Energiekosten sowie erhöhte Diskontierungssätze durch
das geänderte Zinsumfeld.
Lenzing verarbeitet Holz zu Zellstoff und stellt daraus Fasern
für die Bereiche Mode, Handel, Industrie, Kosmetik und Hygiene her.
Der Konzernumsatz lag 2023 nahezu unverändert bei 2,5 Mrd. Euro. Der
Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) stieg im
Vorjahr um ein Viertel auf 303,3 Mio. Euro.
"Ab dem zweiten Halbjahr 2022 gab es einen 'perfect storm', weil
die Textilunternehmen auf sehr viel Bestand gesessen sind und die
Faser-Nachfrage eingebrochen ist", sagte Lenzing-Chef Stephan
Sielaff zur APA. "Die erwartete Erholung der für die Lenzing Gruppe
relevanten Märkte blieb bisher aus." Die verhaltene Nachfrage und
die höheren Rohstoff- und Energiekosten hätten 2023 zu einem
Ergebnis geführt, mit dem man "nicht zufrieden" sei.
"Die Eigenkapitalquote sank trotz der Verluste nur von 37,8
Prozent (Ende 2022) auf 34,7 Prozent (Ende 2023), weil Lenzing Mitte
2023 rund 400 Mio. Euro mit einer Kapitalerhöhung bei Aktionären
eingesammelt hat", sagte Lenzing-Finanzchef Nico Reiner.
Derzeit läuft bei Lenzing noch der im November angekündigte Abbau
von 500 Vollzeitstellen weltweit, unter anderem mit Pensionierungen
und Nicht-Nachbesetzung. In Österreich sind davon 80 Stellen
betroffen. "Der Stellenabbau ist weit fortgeschritten, aber nicht
abgeschlossen. Darüber hinaus ist derzeit kein Abbauprogramm
geplant", so der Konzernchef. Ende 2023 beschäftigte der
Faserhersteller weltweit rund 7.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
(Vollzeitäquivalente).
Die Senkung der Personalkosten sei Teil eines
Kosteneinsparprogramms, zu dem in Summe über 1.000 Initiativen
zählten, sagte Sielaff bei der Bilanzpressekonferenz. 100 Mio. Euro
muss der Konzern einsparen, die Hälfte davon sei heuer wirksam, die
andere Hälfte bis Ende 2025. Lenzing erschließe neue
Verkaufsmöglichkeiten, optimiere Prozesse und versuche Kosten zu
sparen, etwa bei Lagerkosten in China, durch den Einsatz von
Künstlicher Intelligenz oder in dem der Dampfverbrauch in dem Werk
in Thailand gesenkt werde, nannte Sielaff als Beispiele.
Lenzing hat in den vergangenen Jahren die stark schwankende
Nachfrage nach Textilfasern für Fashion, Heimtextilien und
Outdoorbekleidung deutlich zu spüren bekommen und musste den
Personalstand jeweils nach oben oder unten anpassen. Um die
Geschäftsschwankungen etwas zu reduzieren, werde man den
Faser-Bereich für Kosmetikartikel und Hygieneprodukte (Vliesstoffe)
weiter ausbauen, kündigte der Firmenchef an.
An der Wiener Börse musste die Lenzing-Aktie in den vergangenen
zwölf Monaten kräftig Federn lassen, der Aktienkurs ging um knapp 50
Prozent auf rund 30 Euro zurück. Auch am Freitag reagierten die
Aktien auf die Zahlen bis Mittag mit einem Kursverlust von knapp 9
Prozent.
Entwarnung für 2024 möchte der Lenzing-Vorstand aber vorerst noch
nicht geben. Die Ergebnisvisibilität bleibe "insgesamt stark
eingeschränkt", man gehe aber "von einem höheren EBITDA im Vergleich
zum Vorjahr aus". Mittelfristig rechnet Lenzing mit einem steigenden
Bedarf an umweltverträglichen Fasern für die Textil- und
Bekleidungsindustrie sowie die Hygiene- und Medizinbranchen. Lenzing
bietet unter anderem Spezialfasern unter den Markennamen Tencel,
Ecovero und Veocel an.
"Die Erholung wird kommen. Wir wissen auch, dass das Niveau nach
der Krise oberhalb des Niveaus vor der Krise liegen wird", sagte der
Lenzing-Chef. Der Vorstand will heuer weiter den Fokus auf
Free-Cashflow-Generierung, die Stärkung des Umsatz- und
Margenwachstums sowie das Kostenmanagement legen. "Der Textilmarkt
ist derzeit noch schwer prognostizierbar, aber wir sind bereit für
den Turnaround", so Sielaff.
kan/cri
 ISIN  AT0000644505
 WEB   http://www.lenzing.com


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Quelle: APA, Meldungen der letzten 4 Wochen