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voestalpine setzt den Sparstift an

07.02.2024, 13:40:00

Ergebnis nach Steuern sank in den ersten drei Quartalen 2023/24 um 50 Prozent auf 431 Mio. Euro, der Umsatz um 9 Prozent auf 12,4 Mrd. Euro - Leiharbeit und Überstunden werden reduziert

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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Weitere Details und Zitate (nach der Pressekonferenz)
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Dem Linzer Stahlkonzern voestalpine setzt die
schlechte Konjunktur massiv zu. Jetzt wird gespart. "Wir starten
Sparprogramme in ganz Europa und legen Bereiche zusammen", sagte CEO
Herbert Eibensteiner am Mittwoch in einer Pressekonferenz. In den
ersten drei Quartalen 2023/24 halbierte sich der Gewinn nach Steuern
im Jahresabstand von 864 Mio. auf 431 Mio. Euro, wie das Unternehmen
am Mittwoch bekanntgab. Der Umsatz sank um 8,8 Prozent auf 12,4 Mrd.
Euro.
Nun sind weitere "Effizienzmaßnahmen" angesagt. Es gebe
"natürlich Anpassungen an die unterschiedliche Auslastung in
einzelnen Werken", so Eibensteiner. In Deutschland gebe es
beispielsweise Kurzarbeit. Und bei Buderus Edelstahl im deutschen
Wetzlar habe der Konzern einen Personalabbau abgeschlossen.
Zu flächigen Einschnitten in der Belegschaft dürfte es jetzt
nicht kommen: "Es bleibt bei den Anpassungen und es wird sicher
nicht zu wesentlichen Veränderungen im Mitarbeiterbereich kommen",
betonte der Konzernchef. In Linz etwa sei die Auslastung relativ gut
- auch in den nächsten Monaten. Es würden nur "da und dort
Sparmaßnahmen" getroffen. Konkret nimmt die Voest den Angaben
zufolge weniger Mitarbeiter auf, Überstunden werden zurückgefahren
und die Zahl der Leiharbeiter wird reduziert. "Das Gleiche gilt
natürlich auch für die steirischen Standorte", sagte Eibensteiner.
Alleine in Österreich beliefen sich die Personalkosten auf rund 2
Mrd. Euro jährlich, vermerkte er. Entsprechend hoch sind die
Auswirkungen der Kollektivvertragserhöhungen.
Der Einsparungsprozess läuft: "Wir haben aktuell noch 3.700
Überstunden und Leihpersonaläquivalente in der voestalpine - das ist
der Spielraum, den wir haben, und wir haben uns bereits im Laufe des
Jahres an diese Situation angepasst", erklärte der CEO. Seit Beginn
des aktuellen Geschäftsjahres, also seit April, trennte sich der
Konzern von rund 900 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter weltweit,
hieß es auf APA-Anfrage. Die Zahl der weltweit festangestellten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich zum Stichtag 31. Dezember
2023 im Jahresabstand sogar leicht erhöht - um 694 auf 50.712
Beschäftigte (Vollzeitäquivalente).
Schon seit längerem zieht die voestalpine auch ihr reguläres
Sparprogramm durch, wo versucht wird, jedes Jahr rund 300 Mio. Euro
einzusparen. "Und da haben wir noch etwas draufgesetzt", so
Eibensteiner. Der erwartete Konjunkturrückgang sei in den ersten
neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres deutlich spürbar gewesen.
"Vor allem die schwache Wirtschaft in Europa drückte auf das
Ergebnis der voestalpine", sagte der CEO in der Pressekonferenz. Und
das dürfte so bleiben: Für den weiteren Verlauf des Geschäftsjahres
2023/24 werde für Europa weltweit die schwächste wirtschaftliche
Entwicklung erwartet. Die Eurozone sei in den letzten beiden
Quartalen an der Grenze der Rezession vorbeigeschrammt und auch für
das letzte Quartal des aktuellen Geschäftsjahres seien keine
positiven Impulse erwartbar.
Deutlich abgeschwächt hätten sich etwa die zinssensitiven
Segmente Konsumgüterindustrie, Bau und Maschinenbau - vor allem der
Werkzeugbau sei rückläufig. Hier erwartet die voestalpine auch für
das vierte Quartal ihres Geschäftsjahres 2023/24 keine Erholung.
Weiterhin stabil sieht die Konzernleitung das Segment
Automobilindustrie. Vor dem Hintergrund der Beseitigung der
Lieferkettenschwierigkeiten sei die Nachfrage auch schon in den
ersten drei Quartalen stabil gewesen.
Das Energiesegment werde die bisherige gute Dynamik weiter
fortsetzen. Auch für den Bereich Eisenbahnsysteme wird eine
weiterhin anhaltend gute Marktentwicklung erwartet. Selbiges gelte
für die Luftfahrtindustrie, in der nach dem massiven Einbruch im
Zuge der COVID-19-Pandemie eine dynamische Erholung eingesetzt habe.
"Vor diesem Hintergrund erwartet der Vorstand der voestalpine -
unter der Prämisse keiner unerwarteten wirtschaftlichen Verwerfungen
- für das Geschäftsjahr 2023/24 ein EBITDA (Ergebnis vor Zinsen,
Steuern und Abschreibungen; Anm.) im Bereich um 1,7 Mrd. Euro",
sagte der Konzernchef. Der Konzern lässt seine Guidance für das
Gesamtjahr also trotz des erlittenen Gewinneinbruchs unverändert. In
den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres sackte das
EBITDA von 1,9 Mrd. auf 1,3 Mrd. Euro ab - ein Minus von 32 Prozent.
2022/23 war die Voest noch schwungvoll unterwegs gewesen - mit einem
kräftigen EBITDA-Anstieg von 11 Prozent auf 2,5 Mrd. Euro.
Das neue Edelstahlwerk in Kapfenberg (Steiermark) ist den
Konzernangaben zufolge seit Beginn des Jahres 2024 im alleinigen
Betrieb. Das alte Edelstahlwerk sei mit Jahresende 2023 wie geplant
abgestellt worden. Die Errichtung während der Coronajahre kostete
letztlich deutlich mehr als ursprünglich geplant: "Diese 350 Mio.
Euro waren der ursprüngliche Projektplan - wir haben jetzt eine
Verteuerung von ein bisschen über 30 Prozent", sagte Eibensteiner
zur APA. Im neuen Werk produziere die voestalpine jährlich bis zu
205.000 Tonnen Hochleistungswerkstoffe für die Automobil-,
Luftfahrt- und Energieindustrie und sichere damit rund 3.500
Arbeitsplätze in Kapfenberg und Mürzzuschlag ab.
Insgesamt fühlt sich die voestalpine aufgrund ihrer breiten
Ausrichtung in unterschiedlichen Marktsegmenten und
Wirtschaftsregionen "solide aufgestellt". Entscheidend werde
allerdings sein, dass die Wettbewerbsfähigkeit des
Industriestandortes sichergestellt werde. "Kernpunkte hierfür sind
der Ausbau der erneuerbaren Energieversorgung und der Netze sowie
die Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030", meinte
Eibensteiner. "Wichtig ist, dass der Energiepreis runterkommt."
Österreich nutze die Freiräume, die die EU geschaffen hat, leider
nicht, bemängelte der voestalpine-Chef. Die EU ermögliche indirekte
CO2-Kosten bei der Energie zu kompensieren. "In 14 Ländern ist das
umgesetzt, in Deutschland wurde das sogar bis 2030 verlängert", so
Eibensteiner. In Österreich hingegen sei die Strompreiskompensation,
konkret das Stromkostenausgleichsgesetz (SAG), nur für 2023
implementiert und nicht verlängert worden", kritisierte er. Das sei
ein klarer Wettbewerbsnachteil.
"Eine erfolgreiche Transformation ist nur mit grünem Strom zu
wirtschaftlichen Preisen möglich", hielt der CEO weiters fest. Aus
dem österreichischen Transformationsfonds für die Industrie sollen
den Angaben zufolge 90 Mio. Euro an die Voest fließen. Sie habe eine
Zusage in dieser Höhe bekommen.
Das neue Lieferkettengesetz, über das am Freitag auf EU-Ebene
abgestimmt wird, ist der Voest zu sperrig: Die Anwendung
EU-Richtlinie dazu sei "nicht nur äußerst umfassend, sondern auch
extrem bürokratisch". Transparente Lieferketten seien wichtig, "aber
aus unserer Sicht ist die Richtlinie in der vorliegenden Form
aufgrund ihrer unerfüllbaren Informations- und Prüflasten für die
Unternehmen in der Praxis nicht umsetzbar", so der Konzernchef. "Der
Blick nach Deutschland zeigt, dass wir mit dieser Einschätzung nicht
alleine sind." Deutschland dürfte sich bei der Abstimmung der Stimme
enthalten. Auch Österreich soll sich laut Eibensteiner "für eine
handhabbarere Lösung" engagieren.
kre/sag
 ISIN  AT0000937503
 WEB   http://www.voestalpine.com


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Quelle: APA, Meldungen der letzten 4 Wochen