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Lenzing zum Halbjahr tief in der Verlustzone

02.08.2023, 13:14:00

Periodenergebnis drehte gegenüber dem Vorjahreszeitraum von plus 72,3 Mio. auf minus 65,8 Mio. Euro - Umsatz sank von 1,29 auf 1,25 Mrd. Euro

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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Weitere Details und Zitate nach der Pressekonferenz
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Der börsennotierte Textilfaserhersteller
Lenzing hat heuer im ersten Halbjahr in einem herausfordernden
Umfeld tiefrote Zahlen geschrieben. Unter dem Strich blieb ein
Verlust in Höhe von 65,8 Mio. Euro, wie der Konzern am Mittwoch
bekanntgab. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatte das
Unternehmen noch einen Gewinn von 72,3 Mio. Euro erzielt. Ein
weiterer Personalabbau steht vorerst nicht an.
Lenzing selbst sieht sich nach Einsparungen und Kapitalmaßnahmen
gut unterwegs. "Wir sind vorsichtig optimistisch", betonte CEO
Stephan Sielaff in einer Pressekonferenz. Nach einem durchaus
schwierigen Jahr 2022 befinde sich das Unternehmen "auf einem
deutlichen Erholungskurs". Das erste Halbjahr 2022, das als
Vergleich für die heurigen Zahlen herangezogen wird, sei für den
Konzern noch "unter normalen positiven Aspekten" umsetzbar gewesen.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine, der im Februar des Vorjahres
begann, die darauf folgende Energiekrise und die hohe Inflation
hätten erst in der zweiten Jahreshälfte durchgeschlagen, berichtete
Finanzchef Nico Reiner.
Der Vergleich des heurigen zweiten Quartals zum ersten
Jahresviertel zeige, dass sich Lenzing auf dem richtigen Weg
befinde, so Sielaff. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und
Abschreibungen (EBITDA) habe heuer im zweiten Quartal 107 Mio. Euro
betragen, nach nur 30 Mio. Euro im Vorquartal, und sich "damit
deutlich verbessert", bekräftigte Reiner.
Im gesamten ersten Halbjahr 2023 sank das EBITDA gegenüber der
Vergleichsperiode des - den Angaben zufolge noch normalen -
Vorjahres von 188,9 auf 136,5 Mio. Euro. Das Ergebnis je Aktie (EPS)
verschlechterte sich von plus 2,36 auf minus 3,92 Euro.
Aktuell laufen in dem Betrieb eine Umstrukturierung und ein
Sparprogramm. "Unser Ziel war, die Personalkosten zu reduzieren",
sagte Sielaff. "Insofern haben wir dieses Programm abgeschlossen."
Der damit einhergehende Stellenabbau habe "in Summe weltweit circa
400, in Österreich circa 100 Mitarbeiter betroffen".
Doch völlige Ruhe dürfte damit noch nicht eingekehrt sein.
Betreffend des Standorts in Oberösterreich (Lenzing) meinte der
Konzernchef: Das Programm, das im vierten Quartal 2022 startete, sei
abgeschlossen, doch er "kann nicht ausschließen, dass es einen
weiteren Personalabbau gibt". Vorerst sieht die Lage aber gut aus:
"Wir machen weiter wie bisher. Wir sehen eine gute Performance am
Standort - dieser Standort ist für die Lenzing nach wie vor
wichtig", betonte Sielaff.
In Heiligenkreuz im Südburgenland habe sich der Konzern durch den
Erwerb eines Biomassekraftwerks betreffend Energiekosten
"strategisch besser aufgestellt". Zur Sicherheit der Jobs an
einzelnen Standorten wollte sich Sielaff nicht konkret äußern, nur
soviel: "Wir werden die Personalsituation immer der
Nachfragesituation und der Anlagenauslastung anpassen." Das gelte
für jeden Standort.
Österreich sei "die Heimat der Lenzing und die müssen wir
verteidigen". Aber es gebe "natürlich auch ökonomische Zwänge".
Neben dem konzerneigenen Sparprogramm werde auch "die Unterstützung
der Politik" gebraucht. "Wir sind im Austausch." Es gehe um eine
wettbewerbsfähige Kostensituation bei Energie. Konkreter wollte
Sielaff auf Nachfrage von Journalistenseite nicht werden. "Die
Energiekosten als Basiskosten für die Produktion von chemischen
Vorprodukten in Europa und Österreich sind besorgniserregend",
strich der Lenzing-Chef als "Standortnachteil" hervor.
Der Konzern ist auch in Thailand, Brasilien, China und Indonesien
aktiv. Die Modal-Produktion in China sei heuer im zweiten Quartal
"erfolgreich hochgefahren" worden. Nun gehe man dort von einer
"Phase der Investition in eine Phase der Kommerzialisierung". In
Indonesien soll bald - mit ein paar Wochen Verspätung - ein neues
Werk in Betrieb gehen.
Lenzing sei mit der Umsetzung des Programmes zur Reorganisation
und Kostensenkung voll im Plan, so das Management. "Diese und
weitere Maßnahmen haben das Ziel, Lenzing für die erwartete
Markterholung bestmöglich zu positionieren".
Durch die jüngste Kapitalerhöhung seien dem Unternehmen 392 Mio.
Euro zugeflossen. Parallel dazu hat Lenzing den Angaben zufolge
Kreditlaufzeiten verlängert "und damit die Fälligkeiten aus dem Jahr
2024 in die Zukunft verschieben können", so Reiner. Damit habe man
ausreichend Liquidität für die Umsetzung der Wachstumsstrategie
generiert. Insgesamt sei die Nettoverschuldung von 1,9 auf 2 Mrd.
Euro "leicht gestiegen".
Das Ergebnisziel für das Gesamtjahr 2023 wurde bei der Vorlage
der Halbjahreszahlen bestätigt. "Wir gehen davon aus, dass die
bessere operative Performance die Entwicklung des EBITDA auch im
zweiten Halbjahr 2023 unterstützen wird", sagte Sielaff. Der Wert
soll zwischen 320 und 420 Mio. Euro erreichen, "immer vorausgesetzt,
dass wir eine weitere Markterholung erleben", räumte er ein. Im
abgelaufenen Jahr war das EBITDA noch um ein Drittel auf 241,9 Mio.
Euro eingebrochen. Der CEO geht für heuer davon aus, "dass die
Rohstoffkosten auch im zweiten Halbjahr weiter sinken werden". Die
Kosten für Rohstoffe und Energie hätten sich zwar bereits wieder
"deutlich erholt", lägen aber immer noch "über dem Niveau vor
Ausbruch des Ukraine-Kriegs". Derzeit seien "die Faserpreise nach
wie vor unter Druck", hielt Reiner fest.
Wann es unter dem Strich wieder Gewinne für das Textilunternehmen
geben wird, ist nicht absehbar. "Die Visibilität ist extrem gering",
so Sielaff. "Wir hoffen, dass wir das Schwierigste hinter uns haben
und blicken mit Zuversicht in die Zukunft der Lenzing."
Strukturell geht der Konzern laut Eigenangaben unverändert von
einem steigenden Bedarf an umweltverträglichen Fasern für die
Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Hygiene- und
Medizinbranche aus. Lenzing plane, sowohl das Wachstum mit
Spezialfasern als auch ihre Nachhaltigkeitsziele einschließlich der
Transformation von einem linearen zu einem Modell der
Kreislaufwirtschaft weiter voranzutreiben.
Die Umsetzung der Schlüsselprojekte in Thailand und Brasilien
sowie die Investitionsprojekte in China und Indonesien würden die
Positionierung der Lenzing dahingehend weiter stärken.
kre/bel
 ISIN  AT0000644505
 WEB   http://www.lenzing.com


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Quelle: APA, Meldungen der letzten 4 Wochen