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Aktivistischer Investor zeigt BAWAG bei Bankenaufsicht an

30.06.2023, 13:49:00

Anleger Klaus Umek: Management der Bank schafft keinen Mehrwert und geht zu viel Risiko ein - BAWAG-Aktie am frühen Nachmittag über 7 Prozent im Minus

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Der Anleger Klaus Umek vom Hedgefonds Petrus
Advisers hat sich auf die Unternehmensführung sowie die
Geschäftspraktiken der börsennotierten BAWAG eingeschossen und zeigt
sie bei der Europäischen Bankenaufsicht EBA an. Umek kritisiert,
dass sich das Management auf dem Rücken der Anleger bereichere.
Außerdem nehme das Unternehmen am Markt zu viel Risiko und
vernachlässige das klassische Bankengeschäft. Die BAWAG war für eine
Stellungnahme vorerst nicht erreichbar.
Umek stößt sich zunächst an der Vergütungspolitik des
Unternehmens. So habe sich die Führung der BAWAG seit ihrem
Börsengang im Jahr 2017 mehr als 200 Mio. Euro an Kompensation
auszahlen lassen - eine Zahl, der angesichts eines geringen
Mehrwerts für die Anlegerinnen und Anleger nicht zu rechtfertigen
sei. In einem Brief an die EBA verwies der Anleger auf einen Bericht
der Behörde, wonach alle fünf österreichischen Banker, die 2021 mehr
als 6 Mio. Euro verdienten, BAWAG-Manager waren - und das obwohl
andere heimische Banken wie die RBI oder die Erste Group wesentlich
profitabler als die BAWAG seien.
Für unverhältnismäßig befindet Umek angesichts dessen auch die
Vergütung von CEO Anas Abuzaakouk, der zu den bestbezahlten Managern
Europas gehöre. Im Jahr 2022 verdiente er 9,4 Mio. Euro. "Diese
Leute räumen sich die Tasche voll in einer Weise, dass uns das
wundert, dass wir solange zugeschaut haben", so Umek am Freitag im
Gespräch mit Journalistinnen und Journalisten.
Grobe Mängel ortet der Hedgefonds-Manager auch im geschäftlichen
Bereich. So habe die Bank ihre Kreditvergabekapazitäten und damit
ihre Möglichkeit, organisch zu wachsen, zuletzt drastisch abgebaut.
"Man kann mit der BAWAG in Wahrheit nicht mehr über Kommerzkredite,
nicht mehr über Klein- und Mittelbetriebskredite, nicht mehr über
Hypothekarkredite sprechen." Parallel dazu habe sie ihr Engagement
im Kreditgeschäft am Immobilienmarkt in den USA aber deutlich
ausgeweitet und sei dort Risiken ausgesetzt. Umek wertet das als
Zeichen, dass die Bank keine Kunden mehr habe, die nach Krediten
fragen. "Die Performance ist extrem deplorabel, sie hat kein
stabiles Modell, sie hat nicht geliefert", kritisiert der Investor
die Bank.
Nicht zuletzt aber stehe die Bank im Privatkundengeschäft immer
schlechter da, seit 2021 seien ihr 7 Prozent an nominellen Einlagen
weggebrochen. Umek sieht die Ursache allen voran in einem sich
verschlechternden Kundenangebot sowie in einem Qualitätsabfall im
Kundenservice. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der
BAWAG seien unzufrieden. Von zunehmenden Beschwerden über das
Service bei der BAWAG hatte zuletzt auch die Arbeiterkammer (AK)
berichtet.
Die Einlagenstruktur als "Grundfeste einer Bank" sieht Umek bei
der BAWAG erodieren. So könne sie nicht mehr auf liquide
Kundeneinlagen bauen und müsse sich teurer Finanzierungen am
Kapitalmarkt bedienen. "Die Kunden sind unzufrieden, das bringt
automatisch Druck auf die Einlagensituation, wo die BAWAG
mittlerweile in diversen Einlagenrechnern fast 2 Prozent mehr zahlen
muss als zum Beispiel eine Raiffeisen Oberösterreich." Und: "Sie
können sich daher vorstellen, wie riskant und verrückt die Kredite
sein müssen, die die Bank schreibt, wenn sie so viel teurere
Einlagen einwerben muss."
Mit all diesen Punkten würden "rote Linien" überschritten. Das
Geschäftsmodell der Bank sei "nicht nachhaltig und nicht fair
gestaltet", resümierte Umek. Die Bankenaufsicht sei daher gefordert,
einzuschreiten. Direkt operativ beaufsichtigt wird die BAWAG von der
Europäischen Zentralbank (EZB).
Umek hielt bis vor kurzem 3 Prozent der Aktien an der BAWAG, die
er inzwischen verkauft hat. Vor dem Gespräch sei er eine
Short-Position eingegangen, auf deren Größe er nicht weiter zu
sprechen kam. Das heißt, er würde von fallenden Kursen der
BAWAG-Aktie profitieren. Mit dem Bekanntwerden der Vorwürfe ist die
BAWAG-Aktie heute, Freitagvormittag um knapp 12 Prozent
eingebrochen, am frühen Nachmittag betrug das Minus noch über 7
Prozent. Heuer im Jänner hatte er die Bank in einem
"Kurier"-Interview noch gelobt: "Sehr intelligent, sehr schnell,
rein zahlengetriebene Kapitalisten", beschrieb er das Management
damals. Mittlerweile habe man sich aber genauer mit der Bank
beschäftigt und sei zu einer diametral entgegengesetzten Bewertung
gekommen.
tpo/tsk/cri
 ISIN  AT0000BAWAG2
 WEB   http://www.bawagpsk.com


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