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Immofinanz-Prozess - Zeugen unter Schleier des Vergessens

05.12.2023, 13:27:00

Ex-Aufsichtsratspräsident: "Habe vieles vergessen können und verdrängt" - Turnauer-Erbin Castelbajac ließ schriftlich wissen: "Habe keine Erinnerungen an die Vorgänge"

Die Zeugenbefragung am vierten Tag des Immofinanz-Strafprozesses am Wiener Landesgericht hat unter dem Schleier des Vergessens begonnen. "Die ganzen Ereignisse sind schon lange her. Ich habe vieles vergessen können und verdrängt", sagte der frühere Aufsichtsratspräsident der Constantia Privatbank (CPB), Prinz Michael von und zu Liechtenstein (72), heute Dienstag. "Das war eine unangenehme und enttäuschende Zeit."

Liechtenstein sagte, er könne sich an Details der angeklagten Vorgänge im Jahr 2007 nicht mehr erinnern und verwies auf seine Aussagen in einer früheren Befragung zur Causa Immofinanz. Er war von 1999 bis Ende Jänner 2009 Aufsichtsratschef der Constantia Privatbank, galt als enger Vertrauter der Eigentümerfamilie Turnauer und war auch Präsident der Turnauer-Stiftung in Liechtenstein.

"Es wäre schon wichtig, wenn Sie sich ein bisschen erinnern könnten", sagte Richterin Claudia Moravec-Loidolt angesichts der schweren Vorwürfe gegen die Angeklagten Karl Petrikovics (69) und Christian Thornton (54). Die Staatsanwaltschaft Wien wirft Petrikovics, dem ehemaligen Chef der Constantia Privatbank, der Immofinanz und der Immoeast, sowie dem Ex-Immofinanz-Manager Thornton Untreue und Bilanzfälschung vor. Die Angeklagten bestreiten alle Vorwürfe und haben sich als nicht schuldig bekannt.

"Es ist schwierig, unter diesen Umständen ein rechtsstaatliches Verfahren zu führen", sagte Petrikovics' Verteidiger Alexander Stücklberger am ersten Verhandlungstag zur APA. "Die Ereignisse liegen so lange zurück, die Zeugen sagen, sie erinnern sich nicht mehr und wir können das nicht widerlegen." Außerdem würden die Zeugen langsam wegsterben und könnten gar nicht mehr zu den Vorgängen vor mehr als 16 Jahren befragt werden, so der Anwalt.

Laut Anklage haben Immofinanz und Immoeast im Jahr 2007 über Umwege mehrere Millionendarlehen an Töchter der Constantia Privatbank vergeben, die damit wiederum Immofinanz- und Immoeast-Aktien gekauft haben. Das habe den Börsenkurs beeinflusst, so die Staatsanwaltschaft. Es habe sich um unbesicherte Darlehen gehandelt und weder der Aufsichtsrat noch die anderen Vorstände seien informiert gewesen, so der Vorwurf. Die Vorgangsweise habe auch gegen das Verbot des Kaufs eigener Aktien verstoßen und sei gegenüber dem Aufsichtsrat verschleiert worden.

Die Erinnerung des ehemaligen Aufsichtsratschefs kam dann doch ein wenig zurück. Unter anderem erinnerte sich Liechtenstein daran, dass der Aufsichtsrat bei den Aktienkäufen nicht eingebunden gewesen sei und die Aufsichtsräte erst im Nachhinein davon erfahren hätten. Auf die Frage, ob die CPB für ihre Töchter gehaftet habe, verwies er auf eine alte Aussage, wonach ihm keine Patronatserklärungen bekannt gewesen seien. Die Angeklagten haben im laufenden Verfahren mehrfach betont, dass ihrer Ansicht nach sehr wohl eine Haftung der CPB für die Rückführung der Veranlagungen durch ihre Töchter über Managementverträge bestanden habe - und daher entgegen dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft die Darlehen nicht unbesichert gewesen seien.

Die für heute (Dienstag) geladene Turnauer-Erbin Christine de Castelbajac (77) ließ sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen. Sie teilte allerdings schriftlich mit: "Ich habe keine Erinnerungen an die Vorgänge, die vor Jahren stattgefunden haben." Die Tochter des im Jahr 2000 verstorbenen Firmengründers Herbert Turnauer war Aufsichtsrätin und Eigentümerin der Constantia Privatbank, bis diese im Oktober 2008 von fünf heimischen Großbanken aufgefangen werden musste. Hintergrund waren Liquiditätsprobleme, unter anderem wegen undurchsichtiger Geldflüsse zwischen der Constantia- und Immofinanz-Gruppe.

sag/ivn

 ISIN  AT0000A21KS2
 WEB   http://www.immofinanz.com


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Quelle: APA, Meldungen der letzten 4 Wochen