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OMV-Chef Stern: Borealis wird tragende Säule für künftiges Wachstum

31.05.2023, 08:21:00

"Eine Umkehr ist nicht mehr vorgesehen" - Die Zukunft der Chemie-Tochter Boralis und die Entlastung für Ex-OMV-Chef Seele sind wichtige Themen bei der heutigen OMV-Hauptversammlung

Bei der heutigen OMV-Hauptversammlung dürfte neben der erwarteten nachträglichen Entlastung für den früheren OMV-Chef Rainer Seele auch die Chemie-Tochter Borealis ein wichtiges Thema sein. Medienberichten zufolge gibt es Überlegungen, wonach die OMV ihre erst vor wenigen Jahren erworbene Mehrheit an der Borealis wieder abgeben könnte. Laut OMV-Chef Alfred Stern soll die Borealis aber für die Wachstumsambitionen der OMV "eine tragende Säule sein".

Im Oktober 2020 hatte die OMV zusätzliche 39 Prozent an der Borealis vom Staatskonzern Mubadala von Abu Dhabi erworben und hält derzeit eine Mehrheit von 75 Prozent. Nun wird seit Wochen darüber spekuliert, dass Abu Dhabi eine Rückabwicklung möchte um die Borealis in einen großen Chemiekonzern einzugliedern. Die OMV würde dann ihre Borealis-Mehrheit aufgeben, der Konzernsitz der Borealis aus Österreich abwandern, wird befürchtet.

Konkret kommentieren will OMV-Chef Stern diese Spekulationen nicht, verweist aber im Gespräch mit der APA auf die "Strategie 2030". Die OMV soll sich zu einem integrierten Unternehmen für nachhaltige Kraftstoffe, Rohstoffe, Chemie und Materialien weiterentwickeln. "Wir haben mit der Umsetzung dieser Strategie begonnen, der Dampfer OMV hat Kurs eingeschlagen und fährt in diese Richtung. Eine Umkehr ist nicht mehr vorgesehen", so Stern. Bis 2050 wolle man CO2-neutral sein. Wachsen will die OMV vor allem im Chemiebereich. "Für diese Wachstumsambitionen ist die Borealis heute und wird weiterhin eine tragende Säule sein."

Ein ganz wichtiges Wachstumsprojekt sei das Kunststoff-Joint-Venture Borouge, das die OMV mit der staatlichen Ölgesellschaft Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) hat. Die nächste Ausbaustufe, Borouge 4, soll 2025 in Betrieb gehen. "Natürlich wollen wir diese sehr erfolgreiche Partnerschaft, dieses Wachstum, das wir gemeinsam gemacht haben, weiter ausbauen."

Stern geht davon aus, dass die Nachfrage nach Öl und Gas in Europa langfristig zurückgehen wird. Die OMV sei dabei in einer guten Lage, weil sie ungefähr 30 Prozent ihres Ergebnisses in der Chemie erwirtschafte, 30 Prozent in "Fuels and Feedstock" (Treibstoffe und Rohstoffe) und 40 Prozent im Energiebereich.

Ein viel beachteter Tagesordnungspunkt der Hauptversammlung ist auch die Entlastung für den früheren OMV-Vorstandschef Rainer Seele. Die Stimmen der beiden Kernaktionäre - der Staatsholding ÖBAG und der ADNOC - reichen dafür aus. Im Vorjahr war Seele das Misstrauen ausgesprochen worden. Nach einer Sonderprüfung, die kein "einklagbares Fehlverhalten" ergab, empfahl der Aufsichtsrat aber die Entlastung.

Seele wird heute unter anderem vorgeworfen, die OMV zu sehr an Russland gebunden zu haben. Dazu Stern: "Im Rückspiegel bin ich schon mehrfacher Milliardär." Er sein "kein Fan davon, den Rainer Seele jetzt dafür zu verurteilen, dass er das gemacht hat. Weil zu dem Zeitpunkt waren das betriebswirtschaftlich gesehen vernünftige Entscheidungen." Diese Entscheidungen habe Seele auch nicht alleine getroffen. "Im Nachhinein muss man sagen: Wir haben das geopolitische Risiko dort massiv unterschätzt."

Kritik gab es auch daran, dass bei der Suche nach Informationslecks im Aufsichtsrat auch E-Mails von OMV-Mitarbeitern und Betriebsräten gelesen wurden. "Wir kontrollieren weder noch lesen wir private E-Mails", sagte Stern dazu. Es gehe um Zehn- oder Hunderttausende E-Mails, die man wegen konkreter Verdachtsfälle nach bestimmten Stichworten durchsucht habe. Damit sei eine externe Firma beauftragt worden, die private E-Mails von OMV-Accounts als solche klassifiziert habe und die dann nicht Teil der Untersuchung gewesen seien. "Nur, um sie zu klassifizieren, muss man sie irgendwann anschauen." Auch könne keine Rede davon sein, dass man Journalisten "beobachtet" habe. "Wir haben bei der OMV natürlich einen Pressespiegel. Wir lesen uns durch, was alles schreiben, das ist doch keine Beobachtung." Dazu gehöre auch das Lesen von Postings auf Social Media. Inzwischen seien die Untersuchungen alle abgeschlossen.

Aussteigen will die OMV wie berichtet bald aus der Öl- und Gas-Exploration und -produktion (E&P) in Malaysia und Neuseeland. Die in Malaysia dafür benötigte behördliche Genehmigung habe man bereits erhalten, sagte Stern. Zeitdruck habe man dabei keinen, "aber wir haben uns zu Beginn des Projekts, und das ist jetzt zwei Monate her, ungefähr zwölf Monate als Ziel gesetzt". Die Fördermenge in der Region beträgt 70.000 bis 80.000 Barrel pro Tag, insgesamt peilt die OMV für heuer ein Produktionsziel von rund 360.000 Barrel pro Tag an.

Eine auch nur vorübergehende Schrumpfung während der Transformation der OMV sei nicht vorgesehen, betonte Stern. Dafür soll u. a. auch das Neptun-Projekt im rumänischen Schwarzen Meer sorgen, für das in diesem Sommer die Investitionsentscheidung fallen soll. Die gesamten Investitionskosten würden rund 4 Mrd. Euro betragen, wovon bis 2027 die Hälfte auf die OMV Petrom entfallen würde, 50 Prozent gehören Romgaz. Das Gasvorkommen im Neptun-Gebiet wird auf rund 50 Mrd. Kubikmeter geschätzt, die über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren gefördert werden könnten.

Geld verdienen will man künftig auch mit Carbon Capture and Storage (CCS). Dafür hat die OMV in Norwegen gemeinsam mit dem norwegischen Öl- und Gaskonzern Aker BP eine Lizenz zur CO2-Speicherung unter dem Meer bekommen. 2025 soll entschieden werden, ob das Projekt umgesetzt wird. "Im Prinzip ist der Business Case, und dazu sind wir auch schon im Gespräch, dass wir aus Nordwesteuropa CO2-Emissionen von Emittenten dort einspeichern. Im ETS-Schema (europäischer Emissionshandel) betrage der Preis für eine Tonne CO2 zwischen 80 und 100 Euro.

Zu Überlegungen von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), Teile des OMV-Gasgeschäfts in die Staatsholding ÖBAG zu übertragen, verwies Stern darauf, dass die OMV nur einen Anteil von 30 Prozent am österreichischen Gasmarkt habe. Die OMV könne ihre Kunden in jeder Situation beliefern, aber könne nicht alleine die Versorgung von ganz Österreich sichern. Die Gasmarktliberalisierung habe viele Vorteile gebracht. "Dass so etwas dann in einer Krisensituation, so wie sie letztes Jahr entstanden ist, nervös macht, dafür habe ich auch volles Verständnis." Die Realität sei aber, dass es der freie Gasmarkt in Europa auch bisher geschafft habe, die Gasflüsse umzulenken, die Gasversorgung aufrecht zu erhalten und für alle Kunden die Speicher zu füllen "und mittlerweile auch den Gaspreis wieder auf ein einigermaßen erträgliches Niveau runterzudrücken".

ivn/tpo

 ISIN  AT0000743059
 WEB   http://www.omv.com
       http://www.borealisgroup.com


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Quelle: APA, Meldungen der letzten 4 Wochen