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Pierer pumpt hunderte Millionen in angeschlagenen Zulieferer Leoni

29.03.2023, 14:36:00

Wird Alleineigentümer des hochverschuldeten Kabel- und Bordnetzspezialisten - Übrige Aktionäre gehen bei Kapitalschnitt leer aus

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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Weitere Details (Schuldenübernahme Pierers, etc.), teils neuer Aufbau
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Der oberösterreichische
Unternehmer Stefan Pierer (Pierer Mobility/KTM) will den
angeschlagenen deutschen Autozulieferer Leoni retten und dessen
Alleineigentümer werden. Großaktionär Pierer sei bereit, Leoni 150
Millionen Euro frisches Kapital zur Verfügung zu stellen und mit 708
Mio. Euro knapp die Hälfte der Schulden übernehmen, sodass das
Nürnberger Unternehmen entschuldet werden könne, teilte Leoni am
Mittwoch mit. Leoni soll von der Börse genommen werden.
Die übrigen Aktionäre gehen im Zuge des Kapitalschnitts, der
bereits erwartet worden war, leer aus. Die Banken und
Schuldscheingläubiger können darauf hoffen, nach der Sanierung einen
Teil des Geldes wieder zurückzubekommen. Die Gremien der
Gläubigerbanken und die Bundesländer Bayern, Nordrhein-Westfalen und
Niedersachsen, sowie der Bund als Bürgen müssen noch zustimmen.
Leoni wäre damit bis Ende 2026 gerettet. Die bayerische Firma ist
ein hochverschuldeter Kabel- und Bordnetzspezialist und braucht
schon länger dringend frisches Geld. Der Umsatz belief sich 2022 auf
5,1 Mrd. Euro.
"Bei diesem Sanierungskonzept handelt es sich aus Sicht des
Vorstandes um die einzige verbleibende Sanierungslösung", hieß es in
der Mitteilung. Die Verhandlungen mit Pierer und den Gläubigern
seien fortgeschritten, mit einer Einigung sei kurzfristig zu
rechnen.
Der Aktienbestand von Leoni befindet sich zu etwa drei Vierteln
in Streubesitz. Größter Einzelaktionär ist mit einem Anteil von rund
20 Prozent die österreichische Pierer-Gruppe. "Diese hat erklärt,
unter bestimmten Bedingungen einen deutlichen Sanierungsbeitrag im
Rahmen der Eigenkapitalzuführung leisten zu wollen", hatte Leoni
bereits Anfang Februar nach einem geplatzten Verkauf eines
Unternehmensteils mitgeteilt.
Die Pierer-Holding hat ihren Anteil an Leoni über die vergangenen
Jahre stetig gesteigert. Nach der Übernahme von zehn Prozent der
Anteile vor etwa zwei Jahren wollte Stefan Pierer die
Restrukturierung beschleunigen. "Ich plane dort als Ankerinvestor
schon eine aktive Rolle", sagte Pierer damals der "Automobilwoche".
"Es gibt ja bisher keinen Kerninvestor bei Leoni, und börsennotierte
Unternehmen ohne Kerninvestor sind manchmal schwer zu steuern." Eine
Übernahme weiterer Anteile, wie es dann auch kam, schloss er nicht
aus. Eine Komplettübernahme hatte Pierer im März 2021 aber noch
offen gelassen: "Dafür ist es noch zu früh."
Leoni stellt Kabel- und Netzwerklösungen für die Autoindustrie
her, darunter Kabelbäume. Ein Teilverkauf, der 400 Millionen Euro in
die Kassa spülen und maßgeblich zur Entschuldung beitragen sollte,
war Ende vergangenen Jahres geplatzt. Das Unternehmen betont, dass
es sein Geschäftsmodell für solide hält und der Grund für die
Schieflage vor allem in der hohen Schuldenlast zu suchen sei.
Der angeschlagene Zulieferer erzielte 2022 einen knappen
operativen Gewinn vor Sondereffekten. Der Betriebsgewinn brach
gegenüber 2021 (130 Mio. Euro) allerdings um 119 Mio. Euro auf rund
11 Mio. Euro ein. Erwartete Wertberichtigungen durch die Sanierung
waren noch nicht enthalten. Bei der laufenden Sanierung wird ein
erheblicher Wertberichtigungsbedarf erwartet, der mit einem
niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionenbetrag das Ergebnis
belasten könnte. Auch der Cashflow war im vergangenen Jahr nur dank
eines Verkaufserlöses von 278 Mio. Euro positiv und betrug rund 126
(Vorjahr minus 12) Mio. Euro.
Für das Geschäftsjahr 2023 erwartete Leoni bei einer
erfolgreichen Refinanzierung - die nun Pierer durchzieht - einen
Umsatz von rund 5,5 Mrd. Euro, ein Ebit vor Sondereffekten im hohen
zweistelligen Millionenbereich und einen ausgeglichenen Free
Cashflow, der allerdings nach Finanzierungskosten auch 2023
erheblich negativ sein werde. "Die im Jahr 2022 gezeigte operative
Entwicklung reicht trotz der Fortschritte nicht aus, um die Zinsen
und Leasingsaufwände zu tragen", erklärte Leoni bei der Vorlage der
Geschäftszahlen fürs vorige Jahr.
Leoni-Vorstandschef Aldo Kamper nahm zuletzt mitten in der
Sanierung überraschend den Hut. Der 52-jährige Niederländer verlässt
das Unternehmen Ende März, war dort seit 2018 Chef. Nachfolger wurde
noch keiner bekannt.
Der Pierer-Holding gehört auch die Mehrheit am
Motorrad-Hersteller Pierer Mobility ("KTM"), am Rennsport-Zulieferer
Pankl Racing sowie am weiteren deutschen Autozulieferer SHW.
phs/tpo
 ISIN  AT0000820659  DE0005408884
 WEB   https://www.pierermobility.com/ 
       http://www.leoni.com/


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Quelle: APA, Meldungen der letzten 4 Wochen