Der September war der dritte Monat in Folge, in dem der ATX die großen Leitindizes S&P und STOXX 600 schlagen konnte. Während die meisten internationalen Indizes Abschläge zu verzeichnen hatten, konnte der ATX um knapp 4 % zulegen. Den Hauptgrund dafür lieferten die Banken: Fallende Kurse von deutschen und italienischen Banken rissen den STOXX-Banken Index mit sich nach unten, die österreichischen Banktitel Raiffeisen Bank International und Erste Group hingegen konnten ihren seit Juli bestehenden Aufwärtstrend weiter fortsetzen. Der ATX übersprang damit seinen seit Anfang Jänner bestehenden Jahreshöchststand und knackte nebenbei auch die 2.400-Punkte-Marke. Wie geht es nun weiter?

Sehr gespannt blicken wir weiterhin auf die USA. Die bevorstehende Präsidentschaftswahl hat aktuell einen noch sehr geringen Einfluss auf die Börsen, was sich allerdings noch ändern kann. Was überraschend ausgehende Urnengänge bewirken können, ist uns erst vor wenigen Monaten nach dem Brexit-Referendum wieder bewusst geworden. Aktuell liegt der Fokus jedoch weiterhin auf den Spekulationen über einen möglichen weiteren Zinsschritt der Fed in diesem Jahr. Besser als erwartete US Makrodaten beflügeln weiterhin die Falken. Die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung in den USA liegt aktuell über 50 %, und so vernimmt man nun auch erste leise Stimmen, die sich für ein baldiges Reduzieren des Anleihenkaufprogramms der EZB aussprechen (das sogenannte „Tapering“).

Auch wenn die Zinsängste aktuell noch nicht sonderlich ausgeprägt sind, begünstigen sie doch eine gewisse Sektorrotation. Der Trend dürfte wieder ein wenig mehr Richtung zyklischer Aktien gehen, weg von (zum Teil höher verschuldeten) defensiven Werten. Bei den Finanzwerten dreht das Momentum etwas weg von Immobilienwerten (speziell die ohnehin schon gut gegangenen Wohnimmobilienaktien scheinen einen Zenit erreicht zu haben) hin zu Banken und Versicherungen.

Das letzte Viertel des Jahres dürfte ein Spannendes werden. Das generelle Umfeld für Aktien bleibt nach wie vor positiv. An dem Niedrigzinsumfeld dürfte sich (trotz homöopathischer Anpassungen) längerfristig nichts ändern. Die Makrodaten lassen zwar keine Euphorie aufkommen, können aber durchaus als solide bezeichnet werden. Die zuletzt veröffentlichten Vorlaufindikatoren stimmen zuversichtlich. Der Ölpreis hat sich bei USD 50/Fass eingependelt, womit zumindest ein Großteil der in diesem Sektor tätigen Unternehmen wieder einigermaßen leben können sollte.

Das fundamentale Setup stimmt. Das Hauptargument für Aktien sind Dividendenrenditen und mangelnde alternative Veranlagungsformen. Die Technik spricht ebenfalls für die Aktien. Viele Indizes (u. a. STOXX 600, DAX und ATX) haben erst kürzlich ein sogenanntes „goldenes Kreuz“ ausgebildet, charttechnisch ein klares Kaufsignal. Und rein technisch gesehen macht der ATX unter den eben genannten aktuell sogar den stärksten Eindruck. „The trend is your friend“ heißt es, und dieser zeigt seit Juni eindeutig nach oben. Das letzte Viertel des Jahres ist saisonal gesehen meist ein starkes. Sollten negative Meldungen zu US Wahlen, Brexit, Deutsche Bank, etc. ausbleiben, steht weiteren Kursanstiegen nichts im Wege. Daher bitte keine Überraschungen.


Autor:
Christoph Schultes, MBA, CIIA
Chief Analyst
Erste Group Bank AG
7. Oktober 2016

Hinweis

Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Analysten wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.

Seminar-Tipps