
Der EZB-Rat beließ die Leitzzinssätze des Eurosystems im Anschluss an die Sitzung im September unverändert. Der für die Steuerung der geldpolitischen Ausrichtung entscheidende Einlagenzinssatz befindet sich daher seit Juni auf einem stabilen Niveau von 2,0 %. Für das Jahr 2025 wird mit keiner weiteren Zinssenkung mehr gerechnet, auch für 2026 sind die Erwartungen für Zinssenkungen eher gering, das Ende des Zinssenkungszyklus in Europa scheint damit erreicht. Unterdessen senkte die Fed ihren Leitzins um weitere 25 Basispunkte, die Obergrenze des Zinskorridors nun bei 4,25 % liegt. In ihrer begleitenden Stellungnahme verwies die Fed auf eine spürbare Konjunkturabkühlung in der ersten Jahreshälfte 2025. Auch der wirtschaftlichen Aussichten seien von hoher Unsicherheit geprägt. Während der S&P dank der geldpolitischen Lockerung kombiniert mit positiv überraschenden Gewinnen des Technologiesektors sowie dem anhaltenden Hype rund um KI neue Höchststände erreichte (+3,5 % im September), zeigten sich die europäischen Märkte lediglich robust, ohne neue Rekorde zu markieren. Die teilweisen ungelösten Zollkonflikte blieben zwar global ein Thema, wurden aber von den Märkten in den Hintergrund gedrängt.
Ein Blick auf Europa zeigt den Stoxx 600 mit einem Plus von 1,5 % im September, der damit ein durchwegs positives 3. Quartal abschließt. Die Entwicklung der Subsektoren erfolgte naturgemäß uneinheitlich. An der Spitze der Kurslisten waren Grundstoffwerte zu finden, die ihren Erholungskurs der letzten beiden Monate fortsetzen, deutlich unterstützt von der starken Performance der Bergbauunternehmen, die von steigenden Gold- und Kupferpreisen profitierten, ausgelöst bzw. beschleunigt durch einen Unfall und der damit verbundenen Produktionsunterbrechung in der indonesischen Grasberg-Mine. Retail- und Technologieaktien befanden sich ebenfalls unter den Top-Performern, wobei beide Sektoren von den Kursprüngen einzelner Aktien unterstützt wurden, nämlich H&M nach überzeugenden Quartalszahlen, bzw. ASML, die sehr positiv auf den Nvidia-Intel Deal reagierte. Bankenwerte setzten ihren Höhenflug fort, mittlerweile beträgt die YTD-Performance des Stoxx 600 Banks Index +46,5 %. Schwächer tendierten vor allem Nahrungsmittelaktien, die unter dem sich ändernden Verbraucherverhalten zu leiden hatten.
Der ATX verzeichnete im September einen Zuwachs von 1,2 %, es war der achte von neun Monaten in diesem Jahr, in dem der österreichische Leitindex mit einem positiven Vorzeichen abschloss. Seit Jahresanfang stehen nun Kursgewinne von 26,6 % zu Buche und damit eine klare Outperformance gegenüber dem Stoxx 600, der in diesem Zeitraum 10,6 % dazugewann. Der ATX nähert sich nun endlich seinem Allzeithoch, das er vor mehr als 18 Jahren, genauer gesagt am 9. Juli 2007 markierte (Intraday knapp 5,011 Punkte). Die Performance des ATX liegt in diesem Jahr deutlich über seinem Gewinnwachstum, das aktuell vom Konsensus bei +10,7 % (für 2025) gesehen wird. Das KGV steigt nun seit beinahe drei Jahren stetig und erreicht nun mit 11,3x exakt den Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Zum Vergleich, der Stoxx 600 wird derzeit mit einem KGV von 15,9x gehandelt, während der S&P ein KGV von 25,3x aufweist, in den Augen von Fed-Chef Powell übrigens - wie kürzlich kundgetan - „ziemlich hoch bewertet“. Von solch einer kann man beim ATX sicherlich nicht sprechen, im Gegenteil, ein Blick auf die Gewinndynamik lässt auf weitere Kursanstiege hoffen. Die Konsensprognosen gehen von einem weiteren Gewinnwachstum für die Jahre 2026 und 2027 in Höhe von +17,1 % bzw. +9,5 % aus, kombiniert also +28,2 % in zwei Jahren, das in dieser Größenordnung sicherlich noch bei weitem nicht eingepreist ist.
Dem ATX fehlen zu seinem Höchststand noch rund 8 % und es ist in unseren Augen nur eine Frage der Zeit, bis dieser endlich übersprungen wird - wir vermuten am ehesten noch in diesem Jahr. Kapitalflüsse Richtung Europa, das Nachholpotenzial von Small- and Midcaps, interessant erscheinende (und zum Teil hoch gewichtete) Sektoren und die Verbundenheit mit der makroökonomisch zu Westeuropa konvergierende Region CEE sprechen für den österreichischen Aktienmarkt. Und natürlich die Dividendenrendite.
Autor:
Christoph Schultes, MBA, CIIA
Chief Equity Analyst Austria
Erste Group Bank AG
1. Oktober 2025
![]() | ![]() |
Hinweis
Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Analysten wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.


