Christian Sec | Börsen-Kurier
Austro-AGs setzen Strategien zur Stärkung der Lieferketten-Resilienz um.
Die Pandemie hat deutlich gemacht, wie verwundbar globale Lieferketten sind. Die geopolitischen Unsicherheiten – einschließlich eines potenziellen Handelskrieges mit hohen Zöllen, der insbesondere internationale Liefernetzwerke treffen würde – haben sich seither nicht verringert. Unternehmen sind daher gefordert, ihre Versorgungsketten robuster aufzustellen. Für viele lautet das zentrale Stichwort dabei Diversifikation.
Auch der weltweit produzierende Nahrungsmittelhersteller Agrana setzt darauf. „Durch eine globale Einkaufsorganisation ist es uns möglich, nicht verfügbare Rohstoffe gegebenenfalls aus alternativen Einkaufsregionen in gleicher Qualität zu beschaffen“, erklärt das Unternehmen gegenüber dem Börsen-Kurier. Dies habe es Agrana ermöglicht, trotz der Covid-19-Pandemie oder kriegsbedingt unterbrochener Transportwege Kunden weiterhin uneingeschränkt zu beliefern. „Langjährige strategische Partnerschaften mit Lieferanten waren hier entscheidend, sodass Agrana oftmals bevorzugt beliefert wurde“, heißt es weiter.
Versorgungssicherheit
Besonders im Halbleitermarkt wurde während der Lieferkettenkrise die strukturelle Schwäche der europäischen Industrie sichtbar. Die EU hat sich mit dem European Chips Act daher das Ziel gesetzt, die Massenproduktion von Halbleitern – einer zentralen Schlüsseltechnologie – in Europa auszubauen und den globalen Marktanteil in diesem Bereich bis 2030 von derzeit rund 10 auf 20 % zu steigern.
Auch ams-Osram profitiert davon. Laut deren Angaben hat die Europäische Kommission eine Förderung von bis zu 227 MioE genehmigt. Bei voller Umsetzung soll es eine neue Fertigungsstätte für Halbleiterchips im Werk in Premstätten geben. Das bis 2030 laufende Investitionsprojekt am steirischen Standort des Licht- und Sensorherstellers hat ein Volumen von rund 600 MioE. Der Ausbau soll die Produktionskapazitäten für Sensorlösungen erhöhen und gleichzeitig die europäische Versorgungssicherheit stärken, wie der Konzern dem Börsen-Kurier bestätigt. Darüber hinaus hat der Halbleiterhersteller bereits 2023 Teile seiner Produktion von China nach Malaysia verlagert – ein Schritt innerhalb der langfristigen Strategie, LED- und Halbleiterfertigung außerhalb Chinas breiter aufzustellen. „Gemeinsam mit weiteren Standorten, etwa in Regensburg, verfügen wir über eine geografische Streuung, um globale Risiken zu minimieren“, so das Unternehmen.
Und auch der Hersteller von Feuerwehrtechnik Rosenbauer setzt auf Dual Sourcing, um Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten zu vermeiden. Wie der Konzern in einem früheren Gespräch erläuterte, wurde der ohnehin geringe Anteil direkter Zukäufe aus China weiter reduziert; künftig richtet sich der Fokus verstärkt auf Osteuropa.
Rückwärtsintegration
Nicht nur geopolitische Risiken, sondern auch neue regulatorische Anforderungen erschweren Unternehmen das Management ihrer Lieferketten. Bei Verstößen drohen strenge Sanktionen – bis zu 5 % des weltweiten Jahresumsatzes sowie mögliche Schadenersatzpflichten. Die dadurch steigenden Monitoring- und Compliance-Kosten könnten die Rückwärtsintegration für viele Unternehmen attraktiver machen. Damit ist gemeint, dass Firmen Tätigkeiten übernehmen, die zuvor von Zulieferern oder vorgelagerten Wertschöpfungsstufen ausgeführt wurden. Ein Beispiel dafür liefert Lenzing: Der Holzfaserhersteller hat 2022 in Brasilien ein Zellstoffwerk in Betrieb genommen, das maßgeblich zur Stärkung der eigenen Versorgung mit Faserzellstoff beitragen soll. Das Werk festigt – so das Unternehmen – die Rückwärtsintegration des Konzerns und reduziert die Abhängigkeit von externen Lieferanten.
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