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E-Control beruhigt: Gaspipeline-Kapazitäten auch kurzfristig buchbar

01.06.2023, 12:58:00

Laut Ex-OMV-Chef Roiss will Ukraine Transitvertrag mit Russland nicht verlängern - OMV: Können Kunden auch ohne russisches Gas beliefern - Gewessler will Ausstieg aus Russen-Gas forcieren

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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Durchgehend neu geschrieben.
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Ex-OMV-Chef Gerhard Roiss hat in der ORF-"ZiB2" am
Mittwochabend die Sorge um die Sicherheit der Gasversorgung in
Österreich neu angefacht. Roiss sagte, der ukrainische
Vize-Energieminister habe ihm mitgeteilt, dass die Ukraine den
Gastransit-Vertrag mit Russland nicht über 2024 hinaus verlängern
werde. Bei der E-Control ist man deswegen nicht sehr beunruhigt und
verweist darauf, dass Pipeline-Kapazitäten durch die Ukraine auch
kurzfristig gebucht werden könnten.
Der russische staatliche Gaskonzern Gazprom hatte Ende 2019 einen
Fünfjahresvertrag mit der Ukraine über den Transit von russischem
Erdgas abgeschlossen. Dieser endet mit 31. Dezember 2024. Über diese
Pipeline läuft auch die Versorgung Österreichs mit russischem
Erdgas.
"Dass der Vertrag 2024 ausläuft, wussten wir ja", sagte Carola
Millgramm, Leiterin der Abteilung Gas bei der
Energie-Regulierungsbehörde E-Control, am Donnerstag zur APA. "Wir
bereiten uns schon länger darauf vor, dass das passieren kann." Die
Pipeline sei ja physisch nicht zerstört und die Ukraine habe sich
bisher immer bemüht, den Transit aufrecht zu erhalten.
Pipeline-Kapazitäten könnten auch kurzfristig gebucht werden.
Auch beim Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft im
Moldau ging es um den Krieg in der Ukraine und die
Energieversorgungssicherheit. Diese stehe für Österreich an oberster
Stelle, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Donnerstag. Die
OMV stelle sich auf neue Gasquantitäten ein, um russisches Gas
weiter zu ersetzen. Es gelte "die Nerven zu bewahren", Österreich
sei auf einem guten Weg, erklärte Nehammer.
Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) sieht in der Causa vor
allem die OMV gefragt. In deren unternehmerische Verantwortung
würden die Gaslieferverträge fallen, aber natürlich stehe die
Regierung unterstützend bereit, damit die Versorgung gesichert ist.
Wobei dies bei Gas für den heurigen Winter ohnehin der Fall sei,
denn: "Die Speicher sind voll", so der Minister am Rande einer
Pressekonferenz.
Im Energieministerium von Leonore Gewessler (Grüne) betont man
neuerlich, wie unsicher die Gaslieferungen aus Russland seien. "Es
können Defekte an der Leitung auftreten, die Pipelines können durch
kriegerische Handlungen zerstört werden", heißt es heute in einem
schriftlichen Statement. Das Klimaschutzministerium habe aber mit
den Energieexperten Gerhard Roiss und Walter Boltz - Boltz war bis
2016 Leiter der E-Control - umfangreiche Vorschläge zum Ausstieg aus
russischem Erdgas erarbeitet.
Vorgesehen sind unter anderem strengere Speicherverpflichtungen
für die Versorger, die Sicherung der entsprechenden
Transportkapazitäten für nicht-russisches Erdgas und eine temporäre
staatliche Übernahme der Gasversorgungstochter der OMV. Davon hält
der aktuelle OMV-Chef Alfred Stern wenig. Im APA-Gespräch verwies
Stern am Dienstag darauf, dass die OMV nur einen Anteil von 30
Prozent am österreichischen Gasmarkt habe und die Gasversorgung
Österreichs nicht alleine sichern könne. Bisher habe es der freie
Gasmarkt in Europa geschafft, die Gasversorgung aufrecht zu erhalten
und für alle Kunden die Speicher zu füllen "und mittlerweile auch
den Gaspreis wieder auf ein einigermaßen erträgliches Niveau
runterzudrücken".
Aktuell sei die Versorgung in Österreich gesichert, heißt es aus
Gewesslers Ministerium. Der Speicherstand der heimischen Gasspeicher
liege über 75 Prozent und auch die Lieferungen würden ohne
Einschränkungen erfolgen. Diese Situation könnte sich jedoch rasch
ändern.
Die OMV übernimmt das Erdgas aus den russischen Lieferverträgen
an der slowakisch-österreichischen Grenze (Baumgarten). "Die Zukunft
der Vertragsbeziehung zwischen dem ukrainischen Pipelinebetreiber
und Gazprom Export können wir nicht beurteilen", hieß es dazu heute
auf APA-Anfrage. Die OMV habe sich aber auf Szenarien einer
Unterbrechung der russischen Gaslieferungen vorbereitet und verfüge
über ein diversifiziertes Portfolio, das aus Erdgas aus eigener
Produktion sowie aus Erdgas von Dritten bestehe. Außerdem habe die
OMV auch LNG-Regasifizierungs-Kapazitäten am GATE Terminal Rotterdam
kontrahiert. "Wir arbeiten weiterhin intensiv an der Diversifikation
unserer Erdgasbezüge, unter anderem beteiligt sich die OMV aktiv an
der EU Joint Purchasing Platform." Die OMV habe sich auch
Pipelinekapazitäten zum Transport alternativer Gaslieferungen nach
Österreich gesichert und sei auch ohne russisches Gas in der Lage
ihre Kunden zu beliefern.
SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll glaubt nicht, dass der Plan der
Energieministerin ausreichen wird, um bis 2024 von Russland
unabhängig zu sein.
NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger bezeichnete es in einer
Aussendung als "unerträglich und eine Schande für unser Land", dass
im März 2023 immer noch 74 Prozent der Gaslieferungen aus Russland
gekommen seien. Andererseits findet Meinl-Reisinger das mögliche
Ausbleiben von russischem Gas ab Ende 2024 "extrem beunruhigend für
die heimische Wirtschaft".
(Redaktionelle Hinweise: GRAFIK 0791-23, 88 x 92 mm)
  ivn/tsk
 ISIN  AT0000743059
 WEB   http://www.omv.com


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