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Marktanalyse: Ruppiges Umfeld

Paul Severin

Strafzölle und drohender Handelskonflikt

Die neue US-Regierung hat überraschend hohe Strafzölle auf Importe aus mehreren Staaten, darunter der EU, verhängt. Auf europäische Waren wird nun ein Gesamtzollsatz von 20 % fällig – eine Verdopplung gegenüber früher. Die Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft bleibt abzuwarten. Doch ein eskalierender Handelskonflikt birgt enorme Risiken für das fragile Gleichgewicht der Weltwirtschaft.

Das Institut für Höhere Studien (IHS) rechnet infolgedessen mit einem zusätzlichen Rückgang des österreichischen BIP um 0,2 Prozentpunkte. Damit rückt eine spürbare wirtschaftliche Erholung frühestens 2026 in den Bereich des Möglichen.

Zudem belasten die notwendigen Sparmaßnahmen der neuen österreichischen Bundesregierung sowie die starke wirtschaftliche Verflechtung mit dem konjunkturschwachen Deutschland das Wachstum zusätzlich.

Stagflationäres Szenario

Die Abkehr vom freien Welthandel und die Abkehr der USA von niedrigen Importpreisen schaffen weltweit Unsicherheit. Zölle wirken faktisch wie Steuern und treffen letztlich auch amerikanische Konsumenten. Die effektive Zollrate in den USA springt von 2,3 % auf geschätzte 20 % – ein Schock, der das Risiko einer Rezession deutlich erhöht. Der Effekt gilt als stagflationär: verlangsamtes Wachstum bei gleichzeitigem Preisdruck.

Zentralbanken auf dem Prüfstand

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im März 2025 die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf 2,5 % gesenkt. Gleichzeitig sorgte das umfangreiche Infrastruktur- und Verteidigungsprogramm in Deutschland für starke Bewegungen am Anleihemarkt. Die Geldpolitik muss nun zwischen zwei Polen navigieren: konjunkturelle Schwäche auf der einen, Inflationsdruck auf der anderen Seite. Auch in den USA werden mehrere Zinssenkungen bis Jahresende erwartet.

Wiener Börse unter Druck

Die Wiener Börse blieb vom globalen Gegenwind nicht verschont. Der ATX-Index konnte bis Mitte März noch zulegen, wurde dann jedoch von der zunehmenden Unsicherheit rund um Handelskonflikte und Konjunkturrisiken eingebremst. Die Aussicht auf eine US-Rezession und erhöhte Volatilität an den Kapitalmärkten belastet besonders zyklische Werte. Eine vorsichtige, defensiv ausgerichtete Portfolioallokation erscheint aktuell ratsam.

Autor:
Mag. Paul Severin
Head of Communications Erste Asset Management
Vorstandsmitglied ÖVFA
4. April 2025

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Hinweis

Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Analysten wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.

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