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Marktanalyse: Aktienbörsen trotzen schwacher Konjunktur

Paul Severin

Schleppender Konjunkturverlauf

Die Wachstumserwartungen in Europa, insbesondere in Österreich, wurden zuletzt nach unten korrigiert. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und das Institut für Höhere Studien (IHS) prognostizieren für dieses Jahr nur noch ein reales BIP-Wachstum von 0,2 % bzw. 0,5 % und für 2025 ein Wachstum von 1,8 % bzw. 1,5 %.

Die Produktivität und das Wirtschaftswachstum stagnieren seit mehreren Quartalen. Insbesondere das hohe Zinsumfeld belastet die Bautätigkeit und die Nachfrage nach Investitionsgütern. Sogar der Fertigungsbereich weist einen Rückgang aus. 

Im globalen Vergleich überraschen die USA mit einem starken Wachstum von 2,3 % im ersten Quartal 2024. China hat ein ehrgeiziges Wachstumsziel von 5 % für 2024 bekannt gegeben. Insgesamt bleibt das Wachstum bei den entwickelten Volkswirtschaften jedoch unter ihrem Potenzial.

Inflationsniveau in Österreich um 1 Prozentpunkt über der Eurozone

Obwohl die Inflationsraten global betrachtet sinken, bleiben sie über den Zielen der Zentralbanken, insbesondere in den entwickelten Volkswirtschaften. 

Laut OECD wird für dieses Jahr eine Inflationsrate von 5,7 % erwartet, während es bei den G7-Ländern 2,9 % sind. Es besteht jedoch große Unsicherheit hinsichtlich der Dynamik der Inflationsentwicklung, da bestimmte Sektoren aufgrund eines engen Arbeitsmarktes möglicherweise nicht in der Lage sind, die hohen Inflationsraten so schnell zu dämpfen wie erhofft. Dies erhöht das Risiko von Sekundärrundeneffekten und könnte langfristig zu höheren Inflationserwartungen führen. 

Obwohl die Inflationsraten in Österreich sinken, bleiben sie deutlich über dem Durchschnitt der Eurozone und dem von der EZB angestrebten Zielwert von 2 %. Das Wifo prognostiziert für 2024 eine Inflationsrate von 3,8% in Österreich, während das IHS 3,5 % erwartet. Für das Jahr 2025 liegen die Prognosen bei 2,7 % (Wifo) bzw. 2,6 % (IHS). Insgesamt bleibt die Inflation damit um etwa 1 Prozentpunkt über dem Durchschnitt der Eurozone und beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Unternehmen.

Leitzinsen in Eurozone bis Jahresende bei 3 % erwartet

Analysten erwarten, dass die Europäische Zentralbank aufgrund der schwächelnden Konjunktur und der rückläufigen Inflation bis Jahresende ihre Leitzinsen von 4 % auf 3 % senken wird. Die Leitzinssenkungen werden voraussichtlich im Juni beginnen. Aufgrund des schwachen Wirtschaftsumfelds in Europa wird erwartet, dass die EZB mehr Zinssenkungen vornehmen wird als die Fed. In den USA gehen Marktteilnehmer derzeit davon aus, dass die Fed ihre Leitzinsen von 5,5 % auf 4,0 % senken wird (oberes Band), wobei auch hier die erste Zinssenkung im Juni erwartet wird.

Geopolitische Risiken bleiben hoch

Die andauernden Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten haben sowohl regionale als auch globale Auswirkungen. Sie beeinträchtigen das Weltgefüge negativ und könnten dazu führen, dass neue Krisenherde entstehen. Derzeit ist kein Ende der Konflikte abzusehen und somit bleibt die Belastung für das ohnehin fragile globale Gefüge bestehen.

Wiener Börse seit Jahresbeginn leicht im Plus

Im ersten Quartal 2024 verzeichnete die Wiener Börse einen leichten Anstieg im ATX-Index. Im Vergleich zu anderen Indizes wie dem deutschen Aktienindex (DAX) oder dem Euro Stoxx 50 Index blieb die Wiener Börse jedoch zurück, da diese Indizes zweistellig zulegen konnten. Insbesondere Finanzwerte (Banken, Versicherungen) hatten bisher eine bessere Entwicklung als der Gesamtmarkt. Für Industrietitel hingegen mussten einige Unternehmen ein deutliches Minus hinnehmen.

Umfeld für Aktien aufgrund möglicher Leitzinssenkungen interessant

Insgesamt bleibt das Umfeld für risikobehaftete Wertpapierklassen aufgrund möglicher Leitzinssenkungen interessant. Dies würde bestätigen, dass auch die Währungshüter eine entspanntere Situation hinsichtlich der Inflation erwarten und gleichzeitig das Investitionsklima für Privatpersonen und Unternehmen verbessern. Dies könnte wiederum zu einer besseren Konjunktur im kommenden Jahr führen.

Autor:
Mag. Paul Severin
Mitglied des Vorstandes ÖVFA
Österr. Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management
3. April 2024

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Hinweis

Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Analysten wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.

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