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Aktuelle Marktanalyse: Ein Oktober ist nie wie der andere

Wolfgang Matejka, CEFA

Der von Vielen gefürchtete Rückgang der Kurse im Oktober blieb diesmal aus. Im Gegenteil, die Kapitalmärkte tendierten erstmals seit Langem wieder nach oben. Die ökonomischen Vorzeichen waren es nicht, die diese Bewegung begründen ließen. Es waren vielmehr die Annahmen wie weit die Notenbanken ihre Zinsmaßnahmen noch verstärken können, bevor sie damit eine Rezession manifestieren, die aufgrund divergenter und kaum zinssensitiver Inflationsparameter den Boden der Glaubwürdigkeit unter ihren Füßen aufs Spiel setzt. In Folge zeigte sich ein seltenes Schauspiel, nämlich eine Art Zusammenarbeit zwischen Notenbanken und Politik. Die Energiesituation in Europa wurde durch dynamisches Einkaufsverhalten von Regierungen deutlich gemildert, die sozialen Komponenten gleichzeitig adressiert und somit der ökonomische Druck langsam abgebaut. Inzwischen deuten die bereits stark gesunkenen Rohstoffnotierungen auf ein baldiges Ende der hohen Inflationszahlen hin. Die diesbezügliche Bestätigung ist aber direkt von den gerade noch laufenden Lohnpreisverhandlungen abhängig. Die Hoffnung auf volkswirtschaftliche Vernunft bleibt im Raum und trug die Entwicklung der Kapitalmärkte im Oktober.

Der ATX lag in diesem Umfeld inmitten seiner europäischen Vergleichsindizes. Der zuvor im heurigen Jahr schon mehrmals beobachtete CEE-„Malus“ hat sich mittlerweile nicht mehr gezeigt. Aufgrund des inflationsbedingten Anstiegs der Kosten wurde ein drohender wirtschaftlicher Rückgang interpretiert, was in Folge des davor erfolgten generellen Kursrückgangs den ATX auf Basis historischer Vergleiche wirklich günstig machte. Die Aufmerksamkeit des Marktes liegt jetzt naturgemäß darauf, ob diese Konjunkturerwartungen sich in den demnächst kommunizierten Ergebnisausweisen widerspiegeln oder nicht. Das volatile Umfeld bleibt uns daher sicher noch eine Weile erhalten. Bei Fortkommen der Überzeugung, dass Inflation, Energiekrise und selbst der Ukraine-Krieg ein Ende finden werden, wird sich aber der Blick auf die Entwicklung danach öffnen und wieder weitreichendere positive Ableitungen ermöglichen. Genau dann werden diese aktuellen Bedrohungen später zum Blick auf eine besser balancierte und auf künftige Herausforderungen vorbereitete europäische Wirtschaft führen. Genau das, was Börsen in ihrem Charakter schon immer vorweggenommen haben: die Entwicklungen der Zukunft zu bewerten.


Autor:
Wolfgang Matejka, CEFA
Geschäftsführender Gesellschafter der Matejka & Partner Asset Management GmbH
2. November 2022

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Hinweis

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