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Marktanalyse: Ein „Da Capo“ für den ATX?

Stefan Maxian

Das abgelaufene Börsenjahr 2019 war ein äußerst freundliches. Der breite US-Aktienmarkt gemessen am S&P 500 legte um 29 % zu und markierte neue Allzeit-Rekordstände. Die Eurozone-Benchmark Euro STOXX 50 zog um starke 25 % an und auch der ATX stieg um 16 % und rentierte 19 % unter Berücksichtigung von Dividenden. Die Underperformance des ATX ist unserer Ansicht nach primär durch die unterschiedliche Sektorgewichtung begründet, da die im ATX stark vertretenen Sektoren Banken und Energie auch international schwächer rentierten, während die Topperformer Technologie und Retail im ATX kaum vertreten sind.

An der Spitze der ATX-Kursliste stand im letzten Jahr die Aktie der S Immo (+53 %) getrieben durch niedrige Zinsen und Übernahmephantasien, gefolgt von Wienerberger (+47 %) unterstützt durch eine gute Baukonjunktur in West- und Osteuropa und CA Immo mit (+36 %). Am unteren Ende der Performancestatistik standen SBO (-16%), Andritz (-12 %) und FACC (-5 %).

Der Weg zu dem starken Börsejahr 2019 war allerdings ein holpriger, da der Handelsstreit USA/China, Unsicherheiten in der Brexitfrage, Rezessionssorgen in der Industrie, besonders im Automobilsektor, und zunehmende Spannungen im Nahen Osten für Verstimmungen sorgten. Dass sich schlussendlich die Bullen durchsetzen konnten, lag wohl abermals an den geldpolitischen Lockerungsschritten der EZB und der US-Notenbank FED, die die Hoffnung auf eine Konjunkturstabilisierung nährten und die Refinanzierungssituation für die Unternehmen vergünstigten.

Vor dem Hintergrund einer weiterhin expansiven Geldpolitik und daher mangelnder Investitionsalternativen sehen wir die Aktienmärkte für 2020 weiterhin konstruktiv. Wir gehen von einer Stabilisierung der ökonomischen Leitindikatoren aus, was die Aktienmärkte weiter unterstützen sollte. Das österreichische Wirtschaftswachstum wird zwar für 2020 nur ähnlich den anderen Volkswirtschaften im Euroraum erwartet, aber dank ihres höheren Osteuropa-Geschäfts sollten die börsennotierten Unternehmen in Österreich auch vom überdurchschnittlichen Wachstum dort profitieren können.

Das Koalitionsabkommen der neuen österreichischen Regierung sieht einige kapitalmarktrelevante Ziele vor, unter anderem eine Senkung der Körperschaftssteuer von 25 % auf 21 %, eine Reduktion der Einkommenssteuer in den unteren Klassen, eine Lockerung der Besteuerung von Kapitalzuwächsen und ein Streichen der Kapitalertragssteuer von Nachhaltigen Investmentprodukten sowie mögliche CO2-Steuern. Die Reduktion der Körperschaftssteuer sollte zu einer kumulierten Gewinnsteigerung der ATX-Unternehmen im mittleren einstelligen Bereich führen und daher die Ergebnisentwicklung in 2021 unterstützen.

Für das aktuelle Geschäftsjahr 2020 erwarten wir ein ATX-Gewinnwachstum  von rund 5%. Damit notiert der ATX auf einem KGV Bewertungsniveau von rund 11,5x für das aktuelle Jahr. Dies entspricht einem Abschlag von rund 9 % zum einem 7-Jahresdurchschnitt und zeigt auch im historischen Vergleich einen relativ hohen Bewertungsabschlag zum breiten europäischen Aktienmarkt. Die starke Performance des letzten Quartals limitiert jedoch das positive Überraschungspotenzial in den kommenden Monaten, da wir tendenziell nicht mit einer nennenswerten Revision der Gewinnschätzungen für 2020e und 2021e rechnen. Unser ATX-Indexziel liegt bei 3.360 Punkten. Dies entspricht aktuell einem Plus von rund 5 % bzw. einer Renditeerwartung von 8-9 % inklusive Dividenden.


Autor:
Mag. Stefan Maxian, CFA
Vizepräsident der ÖVFA
Managing Director Company Research
Raiffeisen Centrobank AG
10. Jänner 2020

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