APA News

AK/vida: Es gibt zu wenig Sicherheit für das Sicherheitspersonal

13.03.2025, 15:09:00

Mehr als ein Drittel der Beschäftigten in Wien hat keine österreichische Staatsbürgerschaft

---------------------------------------------------------------------
AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Reaktion der Wirtschaftskammer ab dem 12. Absatz
---------------------------------------------------------------------
Die Arbeiterkammer (AK) und die Gewerkschaft vida
haben sich die Arbeitsbedingungen in der Sicherheitsbranche
angesehen und kommen zu einem wenig vertrauenserweckenden Ergebnis:
"Mit der Sicherheit für die Menschen, die in diesem Bereich
arbeiten, ist es nicht weit her", so vida-Experte Gernot Kopp. Dass
Bewacherinnen und Bewacher bis zu fünf Tage in Folge zwölf Stunden
am Stück im Dienst sind, sei "höchst riskant", so der
vida-Fachbereichsvorsitzende Gebäudemanagement.
Zertifizierte Ausbildungen und eine Abschaffung der Alleindienste
müssten Einzug in diese Branche halten, betonten
Arbeitnehmervertreter am Donnerstag. "Sicherheit kann es nicht zum
Nulltarif geben - weder für Auftraggeberinnen und Auftraggeber noch
für andere", warnt Bianca Schrittwieser, Leiterin der Abteilung
Arbeitsrecht der AK Wien.
"Sicherheit kann es nicht zum Nulltarif geben"
Gerade das Bewachungsgewerbe zähle seit Jahren zu den Branchen
"mit einer Vielzahl an Problemen". "Unsere Fallanalyse bestätigt
einige systematische Missstände: Der Großteil der Abrechnungen, die
uns vorgelegt wurden, war fehlerhaft", so die Kritik. Überstunden
und Zuschläge würden nicht oder falsch abgerechnet. Rechtswidrig
angeordnete Minusstunden und kurzfristig verschobene
Diensteinteilungen seien "an der Tagesordnung".
Fazit von AK und vida: "Die Beschäftigten im Bewachungsgewerbe
finden keineswegs sichere und zuverlässige Arbeitsbedingungen vor."
Verwiesen wird auf einen starken Preisdruck in der Branche, der an
die Arbeitnehmer weitergegeben werde - in Form von langen Diensten,
kurzfristiger Einsatzplanung, schwierigen Arbeitsbedingungen und
Einsparungen bei Ausbildung und Personalplanung, zählen die
Arbeitnehmervertreter auf.
Dominiert werde der Markt von G4S, Securitas, Siwacht und ÖWD.
Sie machten mehr als die Hälfte des Marktes aus, wobei alle vier
Firmen über einen Betriebsrat verfügen. Dadurch würden
arbeitsrechtliche Interventionen häufig außergerichtlich gelöst
werden. "Zahlreiche Studien von AK und Gewerkschaften zeigen, dass
Betriebe mit Betriebsrat wirtschaftlich erfolgreicher und in
Krisenzeiten belastbarer sind", geben AK und vida zu bedenken.
12.700 Personen im Bewachungsgewerbe beschäftigt
Zu den Zahlen: Jährlich sind rund 12.700 Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer im Bewachungsgewerbe tätig. Rechne man kurzfristig
Beschäftigte für bestimmte Anlässe dazu, steige die Anzahl auf bis
zu 16.000. "Rund 5.000 Beschäftigte arbeiteten 2024 in Wien, das
sind knapp 40 Prozent aller Sicherheitskräfte in Österreich. Der
Frauenanteil beträgt bundesweit 40 Prozent. Mehr als ein Drittel der
Beschäftigten in Wien hat keine österreichische Staatsbürgerschaft",
rechnen AK und vida in einer Aussendung vor.
Die AK Wien habe von 1. Jänner 2023 bis 30. November 2024 rund
400 Fälle aus der Branche analysiert und ca. 700 Beratungsgespräche
in der AK Wien geführt. "Das ist in Anbetracht der vergleichsweise
kleinen Branche eine bemerkenswerte Zahl an Fällen. Insbesondere
weil sich nur ein Teil der von Unrecht betroffenen Beschäftigten an
die AK wendet und die Dunkelziffer immer höher ist", gibt die
Arbeiterkammer zu bedenken. Auffällig sei unter anderem gewesen,
dass der Frauenanteil an den Beschäftigten bei diesen Fällen bei 20
Prozent lag. Die Branche sei von hoher Fluktuation geprägt, 62
Prozent der Personen blieben weniger als ein Jahr im selben Betrieb.
"In 36 Prozent der Fälle wurden Überstunden nicht oder nicht
korrekt bezahlt. Das reichte von kleinen Differenzen bis hin zu
Extrembeispielen, bei denen 300 Überstunden samt Zuschlägen
unterschlagen wurden", zeigen sich die Arbeitnehmervertreter
fassungslos.
AK/vida: Krankenstand führt schnell zur Kündigung
Um die Bezahlung stehe es jedenfalls nicht gut. So würden bei der
Baustellenbewachung die Löhne stark variieren - von 12,25 bis 16,09
Euro pro Stunde. Und vor allem: "Der Umgang mit kranken
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern lässt zu wünschen übrig und ein
klares Muster erkennen: Bereits der zweite Krankenstand in einem
Arbeitsverhältnis kann für die Beschäftigten zum Problem werden,
viele werden gekündigt - oftmals sehr formlos über WhatsApp",
bemängeln AK und vida.
Ein weiteres Problem sei die "Zuverlässigkeitsprüfung", die je
nach Bundesland unterschiedlich lange dauere und zu eigenartigen
Ergebnissen führe. "Es liegen Fälle vor, bei denen sogar
Verkehrsstrafen zum Entzug der Zuverlässigkeit geführt haben", so AK
und vida.
Kritik an Festivalbetreibern
Ein großes Thema bei den Beratungen sei der Einsatz von
Subunternehmen. Sehr häufig sei das zur Festivalsaison zu
beobachten. "Teilweise ist kaum noch nachvollziehbar, bei welchen
Firmen betroffene Beschäftigte wirklich angestellt waren. Diese
Konstruktionen machen es sehr schwer, Lohnansprüche durchzusetzen",
kritisieren Arbeiterkammer und Gewerkschaft. Gefordert werden
"wirksame und abschreckende Strafen bei Lohndumping" und eine
"Beschränkung von Subunternehmerketten".
WKÖ weist Kritik zurück
Die Wirtschaftskammer reagierte befremdet auf die Kritik der
Arbeitnehmervertreter. "Die Bewachungsbranche leistet seit Jahren
wertvollen Beitrag zum hohen Sicherheitsstandard Österreichs", wurde
betont. Die Bewachungsunternehmen haben "in den letzten Jahren den
Wandel zu modernen Sicherheitsdienstleistern vollzogen".
Die Unternehmensvertreter stellten in einer Aussendung klar: "Es
gibt rechtliche Vorgaben, die von allen Bewachungsunternehmen
einzuhalten sind. Wenn Marktteilnehmer sich nicht an rechtliche
Vorgaben halten und die Branche in Misskredit bringen, sind alle
seriös und verantwortungsbewusst agierenden Unternehmen und ihre
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz klar die Geschädigten", so
Hans-Georg Chwoyka, Bundesvorsitzender des Bewachungsgewerbes in der
Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
KV zwischen 2.122 und 2.787 Euro brutto
Er plädiert für eine Versachlichung der Diskussion: Die Höhe des
KV-Mindestlohns betrage im Bewachungsgewerbe aktuell je nach
Verwendungsgruppe zwischen 2.122 und 2.787 Euro brutto. "Die
branchenübergreifende ÖGB-Forderung nach einem KV-Mindestlohn von
2.000 Euro wurde in der Bewachungsbranche somit schon deutlich
überschritten", erklärte Chwoyka in einer Reaktion auf die Kritik
von AK und vida. Aktuell beträgt die Wochenarbeitszeit in der
Branche 40 Wochenstunden bzw. in Bereichen mit
Arbeitsbereitschaftszeiten 48 Stunden.
stf/cri/fel
 ISIN   
 WEB   http://www.vida.at
       http://www.arbeiterkammer.at


Weitere News

Zur News-Übersicht


Disclaimer

Die Wiener Börse übernimmt keine Garantie für die Richtigkeit der Daten.
© 2025 Wiener Börse AG
Quelle: APA