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Börsen-Kurier: Nachhaltigkeit und Nachrüstung

Tibor Pásztory | Börsen-Kurier

Die CIRA-Jahreskonferenz zeigte neue Themen für den Kapitalmarkt.

CIRA steht für Circle Inverstor Relations Austria. Dessen Jahreskonferenz stellt immer ein Highlight der Investor-Relations-Szene dar, treffen einander dort doch die meisten IR-Verantwortlichen der heimischen börsennotierten Unternehmen. Die Themen haben sich heuer weiterentwickelt. War 2023 noch eine gewisse Neugier und vor allem Unsicherheit spürbar, welche Regularien auf die Unternehmen zukämen, war 2024 Stress und Ärger bezüglich der Berichtspflichten zu vermerken.

Entspannung trotz Rahmenbedingungen

Diesmal zeigten sich die Teilnehmer entspannter, obwohl sich die äußeren Rahmenbedingungen nicht verbessert haben. Im Gegenteil: Rezession, Krieg und Kriegsgefahr sowie ein Zwang zum Sparen überall haben das Leben nicht einfacher gemacht. Vielleicht hat man daran einfach schon gewöhnt, vielleicht schimmert auch nur die Hoffnung durch, dass das Jahr 2025 bald zu Ende geht. Immerhin: die Berichtspflichten wurden etwas abgemildert, auch wenn diese Verbesserung die meisten börsennotierten Unternehmen kaum oder gar nicht betrifft. Auch hier gilt: vielleicht hat man sich daran gewöhnt, geht es professioneller an und findet gleichzeitig den Mut, gegen Übertreibungen und Goldplating aufzutreten.

Zeittypische Themen

Symptomatisch das Programm: Eingeteilt in acht Panels, ging es diesmal nicht nur um die üblichen direkt kapitalmarktbezogenen Themen wie „Investoren – was sie suchen, wie sie entscheiden“ (moderiert von CIRA-CEO Harald Hagenauer) oder „Smarte Lösungen für zeitgemäße IR-Arbeit“ (moderiert von Palfinger-Sprecher Hannes Roither). Zeittypisch schien der Titel des Panels „Omnibus-Reportingfrust?“, der immerhin noch mit einem Fragezeichen versehen war (moderiert von Hans Lang, Leiter IR Pierer Industries). Kritik war hier nicht nur erlaubt, sondern erwünscht.

„Die Weltordnung bröckelt“

Den Zeitgeist am meisten getroffen hat indes das Schlusspanel „Sicherheit – Impuls für Wirtschaft und Kapitalmarkt“ (moderiert von Kommunikationsberaterin Ina Sabitzer). Hier hielt Brigadier a.D. Walter Feichtinger, Präsident des Center for Strategic Analysis und ehemaliger Leiter des Instituts für Friedenssicherung und Konfliktmanagement, einen vielbeachteten Vortrag über die derzeitige Sicherheitslage Europas. Kurz gesagt: „Die Weltordnung bröckelt – ohne Plan“. Vielmehr herrsche ein konfrontatives System ohne zentrale Ordnungsmacht. Der Versuch Donald Trumps beim Treffen in Alaska, Wladimir Putin auf seine Seite ziehen, um im Indopazifik gegen China eine stärkere Position zu bekommen, sei fehlgeschlagen. Weiters: Indien interessiere sich nicht für die Ukraine, sondern für russisches Öl. Und Europa (wir sprechen hier nur von der EU) spreche mit 27 Zungen statt mit einer einzigen.

Europa unter Druck

Europa indes befände sich auf sämtlichen Gebieten – Technologie, Wirtschaft, Sicherheit und Politik – unter Druck der drei Weltmächte USA, Russland und China. Als Folge seien die Verteidigungsausgaben in den EU-Mitgliedsstaaten zwischen 2023 und 2024 um 42 % gestiegen. Doch leider gingen diese Geldströme zu einem Gutteil in die USA, während die europäische Rüstungsindustrie nach wie vor fragmentiert und uneinig sei. Abgesehen davon, warnt Feichtinger, gäbe es in Europa kein einziges Waffensystem ohne US-Komponenten, von denen Europa daher abhängig sei. Überdies sei der atomare Schutz durch die USA für Europa alternativlos. Eine Konzentration europäischer Rüstungskapazitäten und -systeme sei daher Priorität. Trotzdem müssten Gesprächskanäle mit Russland aufrechterhalten werden, denn „Russland bleibt Nachbar“.

Chancen für Zulieferer

Europas geostrategischer Kompass darf nicht alleine von der Automobilindustrie abhängen, so Feichtinger leicht ätzend. Der Research-Leiter der Erste Group Bank, Fritz Mostböck, pflichtete bei, meinte sogar, Trump hätte recht gehabt, uns aufzuwecken, und zählte gleich ein paar Unternehmen auf, die von der europäischen Nachrüstung profitieren: Airbus, Rheinmetall, Saab, Rolls-Royce oder Leonardo sowieso, aber auch einige heimische börsennotierte Zulieferer hätten Chancen. Als Beispiele dienten Frequentis, Palfinger, Steyr Motors, vielleicht auch Andritz oder Voestalpine. Das Panel schloss mit einem Plädoyer Feichtingers zu Realismus, Pragmatismus und Optimismus.

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