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wiiw: Die Länder Ost-Mitteleuropas wachsen deutlich schneller

24.04.2024, 12:31:00

"Putin wird das Geld für den Krieg nicht ausgehen" - Balkanländer wachsen im Schnitt um 3 Prozent - Reallöhne steigen, privater Konsum nimmt zu

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Neu: Ausführlichere Fassung nach der Pressekonferenz, mehr Details
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Auch 20 Jahre nach Beginn der EU-Osterweiterung
setzen die mittel- und osteuropäischen EU-Länder ihren
wirtschaftlichen Aufholprozess fort. "Für die meisten Länder in der
Region ist dieses Jahr viel besser als letztes Jahr", fasste der
stellvertretende wiiw-Direktor Richard Grieveson am Mittwoch die
Frühjahrsprognose des Wiener Instituts für Internationale
Wirtschaftsvergleiche zusammen. Auch die Wachstumsprognose für
Russland wurde nach oben revidiert.
Für 2024 prognostiziert das wiiw den EU-Mitgliedern der Region
ein Wachstum von durchschnittlich 2,5 Prozent, das 2025 auf 3
Prozent anziehen soll. Die südosteuropäischen EU-Mitglieder Rumänien
(3,0 Prozent) und Kroatien (2,9 Prozent) dürften 2024 besonders
stark wachsen, meinen die wiiw-Ökonomen. Dort stützen nicht zuletzt
Mittelzuflüsse aus dem Corona-Wiederaufbaufonds NextGeneration EU
die Konjunktur. Die sechs Staaten am Westbalkan sollen demnach im
Schnitt um 3 Prozent wachsen, die Türkei um 3,4 Prozent.
Die Visegrád-Länder Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn werden
heuer um durchschnittlich 2,4 Prozent expandieren und 2025 um 3
Prozent, während die Eurozone heuer beinahe stagniert. "Angesichts
steigender Reallöhne, vor allem aufgrund einer stark rückläufigen
Inflation, ist der private Konsum die Hauptstütze des Wachstums",
sagt wiiw-Ökonomin Olga Pindyuk, Hauptautorin der Frühjahrsprognose.
Die leichte Erholung der kriegsgeplagten Ukraine soll sich heuer
mit 3,2 Prozent BIP-Wachstum fortsetzen, allerdings von einem sehr
niedrigen Niveau ausgehend. "Die Wirtschaft der Ukraine ist 2022 um
fast ein Drittel eingebrochen", erklärte Pindyuk.
Produktionskapazitäten seien zerstört worden und es gebe auch
weniger Arbeitskräfte.
Die schwierige militärische Situation und die Verzögerungen bei
der weiteren Finanz- und Militärhilfe durch den Westen dämpfen die
Wirtschaftsentwicklung der Ukraine, heißt es in der
wiiw-Frühjahrsprognose. "Letztlich steht und fällt alles mit
ausreichender und rechtzeitiger Militär- und Finanzhilfe durch den
Westen", so Pindyuk. "Allein 2024 klafft in der Ukraine eine
Finanzierungslücke von 40 Milliarden US-Dollar (37,6 Mrd. Euro)."
Die Wirtschaftsleistung der besetzten Gebiete in der Ukraine
werde weder in der ukrainischen noch in der russischen Statistik
gezählt - nur die Krim sei offiziell Teil der russischen Statistik,
sagte der Russland-Experte des wiiw, Vasily Astrov.
Seine Prognose für den mit westlichen Sanktionen belegten
Angreifer Russland hat das wiiw deutlich nach oben revidiert. Zwar
dürfte sich das Wachstum der russischen Kriegswirtschaft von 3,6
Prozent auf heuer 2,8 Prozent etwas abschwächen und 2025 weiter
nachlassen, doch gegenüber seiner Winterprognose hat das wiiw seine
Wachstumserwartungen für Russland für 2024 um 1,3 Prozentpunkte
angehoben. "Fachkräftemangel und Kriegskeynesianismus ließen die
Reallöhne im vergangenen Jahr um fast 8 Prozent steigen, was den
privaten Konsum um 6,5 Prozent anziehen ließ", erklärt Astrov.
"Diese Entwicklung könnte noch einige Zeit so weiter gehen. Die
hohen Zinsen dürften den Wirtschaftsboom und damit die Inflation
aber einbremsen."
Der Ausblick für den russischen Staatshaushalt fällt trotz hoher
Militärausgaben und gesunkener Einnahmen aus dem Export fossiler
Energieträger im letzten Jahr durchwegs positiv aus. "Putin wird das
Geld für den Krieg nicht ausgehen", meint Astrov. Die Sanktionen
seien in einigen Bereichen spürbar, aber "sie bringen nicht den
Effekt, den man sich erhofft hat". Ein Hauptgrund für das Wachstum
der russischen Wirtschaft sei die nun viel expansivere Fiskalpolitik
und höhere Budgetdefizite. "Die sind verkraftbar, aber das ist etwas
Neues in der jüngeren Geschichte Russlands." Hauptmotor des
russischen Wirtschaftswachstums seien die Rüstungsausgaben, die
Schätzungen zufolge im vergangenen Jahr für 40 Prozent des
BIP-Wachstums verantwortlich gewesen seien. Das wirke sich indirekt
auch auf andere Branchen positiv aus.
Die Ukraine hingegen ist zu einem großen Teil von ausländischen
Finanzhilfen abhängig, die laut Pindyuk die Hälfte der
Staatsausgaben decken. Der Rüstungssektor wächst, ist aber auch
relativ gesehen kleiner als der russische.
(Redaktionelle Hinweise: GRAFIK 0546-24, Format 88 x 115 mm)
  ivn/kre/cri
 ISIN   
 WEB   http://www.wiiw.ac.at/


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Quelle: APA, Meldungen der letzten 4 Wochen