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Stabile Finanzen trotz Gegenwind

Christian Sec | Börsen-Kurier

Österreichische Industrie navigiert mit konservativer Verschuldungspolitik vorsichtig durch unsichere Zeiten.

Laut dem „Global Debt Report 2025“ der OECD stieg die weltweite Unternehmensverschuldung 2024 deutlich an. Verantwortlich dafür waren unter anderem die verbesserten Finanzierungsbedingungen, wie der Bericht erläutert.

Ein Beispiel aus Österreich ist der Baustoffhersteller Wienerberger, der seinen Verschuldungsgrad im Jahr 2024 signifikant erhöhte. Die Nettoverschuldung des Konzerns stieg um 44 % auf 1,75 Milliarden Euro, was einem Verschuldungsgrad von 60,8 % entspricht. In den Jahren zuvor lag dieser Wert konstant zwischen 40 und 50 %. Die Steigerung wird vom Unternehmen in erster Linie mit der Übernahme von Terreal, einem europäischen Anbieter für Dachsanierung, begründet - der bislang größten Akquisition in der Firmengeschichte. Finanziert wurde der Kauf durch einen langfristigen Kredit der OeKB in Höhe von 600 Millionen Euro, mit dem eine bestehende Brückenfinanzierung sowie eine fällige Anleihe refinanziert wurden. Das negative Nettozinsergebnis stieg infolge der überwiegend fremdfinanzierten Akquisition sowie höherer Finanzierungskosten nach Tilgung einer Anleihe mit einem Kupon von 2 % von rund 56 auf etwa 100 Millionen Euro, wie im Geschäftsbericht ausgeführt wird.

Gezielte Entschuldung

Bei vielen anderen Industrieunternehmen hingegen war ein Verschuldungsrückgang zu beobachten. So verringerten sich beim Holzfaserproduzent Lenzing die Finanzverbindlichkeiten in ähnlichem Ausmaß wie das Eigenkapital. Die Gearing Ratio lag Ende 2024 bei 88,8 %. Das Unternehmen stuft das Liquiditätsrisiko für 2025 - aufgrund ausreichender Cash-Positionen, ungenutzter Kreditlinien sowie der erwarteten Entwicklung des Free Cashflows - als moderat ein. Risiken könnten laut Geschäftsbericht aus einem anhaltend hohen oder weiter steigenden Zinsniveau sowie einer unerwartet negativen operativen Entwicklung resultieren, was sich negativ auf den Free Cashflow und somit auf die verfügbare Liquidität auswirken würde. Laut Lenzing ist die Verfügbarkeit von Krediten und der Zugang zu Kapitalmärkten für Refinanzierungen zentrale Voraussetzung für das Liquiditätsmanagement im laufenden Jahr.

Der Kartonhersteller Mayr-Melnhof konnte seine Nettoverschuldung im Jahr 2024 um rund 180 Millionen Euro senken - im Rahmen eines umfassenden entsprechenden Programms. Die Maßnahmen umfassten unter anderem die Reduktion des Working Capitals und eine Zurückhaltung bei Investitionsausgaben. Obwohl die positiven Effekte bereits in der Bilanz 2024 sichtbar sind, erwartet das Unternehmen die stärkste Wirkung des Programms erst im Jahr 2025.

Auch Semperit konnte seine Nettofinanzverschuldung gegenüber dem Vorjahr um rund 10 % reduzieren - insbesondere dank eines deutlichen Anstiegs der Barreserven. „Wir werden weiterhin sehr konservativ, aber im Sinne unseres Geschäfts agieren“, erklärte

CFO Helmut Sorger im Rahmen des Geschäftsberichts. Mit einem Verschuldungsgrad von 1,2x (Nettoverschuldung zu Ebitda), liquiden Mitteln von 126 Millionen Euro sowie zusätzlichen Kreditreserven sieht Sorger ausreichend Spielraum für weiteres Wachstum.

Sehr konservativ zeigt sich auch der Maschinenbauer Andritz im Umgang mit Fremdkapital: Die liquiden Mittel des Unternehmens übersteigen die Verbindlichkeiten aus Krediten und Anleihen um rund 30 %. Daraus ergibt sich eine negative Nettoverschuldung, die dem Unternehmen erhebliche finanzielle Flexibilität verschafft.

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