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SPACs im Anflug auf die Börsen

Manfred Kainz|Börsen-Kurier

„Special Purpose Acquisition Vehicle“ als IPO-Möglichkeit.

Schon wieder ein Megatrend, der aus den USA zu uns kommt? Immer mehr Kapitalmarktkenner meinen, dass das für sogenannte SPACs durchaus der Fall ist. SPAC ist die Abkürzung für „Special Purpose Acquisition Vehicle“. Teilweise wird es auch „Cash Box“ oder „Blank Check company“ genannt. Es handelt sich dabei um eine „Mantelgesellschaft“ ohne eigenes Vermögen außer Einlagen von Aktionären.

Aktionäre willkommen

Gegründet und aufgesetzt wir ein SPAC von sogenannten „Sponsoren“, die in der Regel einen hohen Bekanntheitsgrad und Branchen-Knowhow haben. An dem SPAC können sich Aktionäre beteiligen, denn es werden „SPAC-Units“ in Form von Aktien und Aktienoptionen an Investoren angeboten, erklärt der Wiener Rechtsanwalt und Spezialist für Kapitalmarktrecht Gernot Wilfling. Wobei es für SPAC-Aktionäre einen großen Unterschied zu „normalen“ Aktiengesellschaften gibt: Sie wissen noch nicht, in was genau sie da investieren. Denn die Sponsoren suchen erst nach Gründung des SPAC ein geeignetes Zielunternehmen: ein Akquisitions-„Target“. Das Kapital der Aktionäre wandert zwischenzeitlich auf ein Treuhandkonto. Wenn die Sponsoren ein Zielunternehmen gefunden haben, müssen die Aktionäre diesem zustimmen. Nicht-zustimmende Aktionäre haben aber ein Ausstiegsrecht. Das heißt in der Praxis: Jeder Aktionär kann entscheiden, ob ihm das Akquisitionsunternehmen „passt“ oder nicht. Wenn Aktionäre mit dem Target nicht einverstanden sind, bekommen die Betreffenden ihr Geld zurück und steigen als Aktionäre aus. Ziel von SPACs ist eine „Business Combination“ mit dem Akquisitions-Target und ein „De-SPAC“. Denn letztlich zielen SPACs auf Erlöse aus einem Börsegang (Initial Public Offering, IPO) mit dem Zielunternehmen ab.

Beim Nachbarn gelandet

Der SPAC-Trend ist von den USA schon nach Deutschland geschwappt (ð BK1/2021, S. 4); bei unserem großen Kapitalmarktnachbarn gibt es schon SPACs. Beispielsfälle in Germany sind etwa „Helikos SE“, „European Cleantech I SE“ und „Lakestar SPAC 1“. Da das Deutsche Aktien- und Gesellschaftsrecht (wie auch das österreichische) anders gestaltet ist als die SPAC-rechtliche Konstruktion - vor allem was das Ausstiegsrecht der Aktionäre betrifft - greifen europäische SPACs gerne auf Luxemburgische Rechtskonstrukte zurück.

Österreich-Perspektive

Welche Relevanz hat dieser Trend nun für Österreich? Wilfling zählte dazu beim „Kapitalmarkt-TV“-Abend seiner Kanzlei Müller Partner Rechtsanwälte zum Thema „Eigenkapitalfinanzierung in Zeiten der Pandemie“ zwei Blickwinkel auf: Aus Sicht eines österreichischen „Sponsors“ bzw. der begleitenden (Emissions-)Banken kann ein SPAC ein Vehikel zur Aufnahme von Kapital sein, um Akquisitionen durchzuführen. Und aus Sicht von interessierten Zielunternehmen, also aus „Target“-Perspektive, kann ein SPAC eine erleichterte IPO-Möglichkeit für ein heimisches Unternehmen bieten: durch Unternehmenszusammenschluss mit ebendem SPAC. Das könne eine interessante Alternative insbesondere für schnell wachsende Technologieunternehmen sein, so Kapitalmarktjurist Wilfling.

An der Wiener Börse steht man den SPACs grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Was ein erstes IPO in Wien betrifft, so sei das Instrument SPAC gesellschaftsrechtlich in Österreich noch eingeschränkt: Mantelgesellschaften müssen eine Mindestbestandsdauer von einem Jahr haben, ergänzte Martin Wenzl, Head of Department Listings & Indices der Wiener Börse, im „Kapitalmarkt-TV“ von Müller Partner RA. Aber prinzipiell: „Wir sind offen.“

 

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