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Neuer Kurs beim Green Deal

Christian Sec | Börsen-Kurier

Die EU-Kommission will mit einer Aufweichung die Wettbewerbskraft Europas stärken.

Der European Green Deal und das europäische Lieferkettengesetz sollen wirtschaftsfreundlicher werden, sagt die EU-Kommission. Wenn die Vorschläge der Kommission in der vorgelegten Form angenommen und umgesetzt werden, sollen nach Schätzungen jährliche Verwaltungskosten in Höhe von insgesamt 6,3 Milliarden Euro eingespart und zusätzliche öffentliche und private Investitionskapazitäten in Höhe von 50 Milliarden Euro freigesetzt werden.

Für die Industriellenvereinigung (IV) ist der Entwurf zum sogenannten Omnibus-Gesetz „ein erster positiver Schritt“. Die IV bewertet vor allem die Beschränkung der Prüfung auf die erste Stufe der Lieferkette, als positiv. Ebenso wird die geforderte Ausweitung der Intervalle der Überprüfung der Sorgfaltspflichtenpläne auf alle fünf Jahre, statt wie bisher vorgesehen jedes Jahr begrüßt. Die EU-Kommission gibt an, dass die großen Unternehmen durch die vorgeschlagenen Änderungen ihre Compliance-Kosten halbieren könnten.

Stefan Borgas, CEO von RHI Magnesita, betont gegenüber Reuters hingegen, dass die aktuellen Reformen wenig zur Senkung der Compliance-Kosten beitragen. Und: „Die Zeit und Ressourcen, die wir in die Erfüllung der Transparenzpflichten setzen, fehlen uns am Ende des Tages, um in Innovation und CO2-Reduktionen zu investieren.“

Die andere Seite

Gegner des aktuellen Zick-Zack-Kurs argumentieren, dass sie die Unternehmensverantwortung verringert und die Möglichkeit einschränkt, Probleme im Zusammenhang mit Menschenrechten oder Umweltaspekten in den Geschäftsabläufen großer Unternehmen aufzudecken.

Laut Reuters meinen einige Investoren, dass die Änderungen es erschweren würden, zu entscheiden, wohin „grünes“ Geld investiert werden soll.

Auch unter den Konzernen sind wohl nicht alle von der politischen Kehrtwendung erfreut. Im November 2024 unterzeichneten 60 Unternehmen - darunter auch Nestlé und Ikea - eine Erklärung, in der sie die Europäische Kommission aufforderten, am Green Deal festzuhalten und die Umweltstandards nicht zu lockern. Diese Unternehmen betonten, dass starke Umweltstandards langfristig die Wettbewerbsfähigkeit fördern und forderten die EU auf, bestehende und kommende Umweltvorschriften konsequent um- und durchzusetzen.

Pragmatische Unternehmen

Jedenfalls könnten nun die bereits getätigten Investitionen in die Anfordernisse des Lieferkettengesetzes sowie der Dokumentationspflichten teilweise „versunkene“ Kosten darstellen. Der Tech-Konzern ams Osram sieht das nicht so und betrachtet die bereits

umgesetzten Maßnahmen und Investitionen als Teil einer langfristigen und verantwortungsbewussten Sorgfaltspflicht, die zur Glaubwürdigkeit des unternehmerischen Handelns beiträgt, wie der Konzern gegenüber dem Börsen-Kurier erklärt. „Unsere Aktivitäten im diesem Bereich orientieren sich daher nicht allein an gesetzlichen Vorgaben, sondern auch an unserer unternehmerischen Verantwortung sowie den Erwartungen unserer Stakeholder - insbesondere von Kunden, Investoren und Partnern.“

Bei Steyr-Motors sieht man die bereits getätigten Investitionen ebenso nicht als versunkene Kosten, sondern als strategische Investition. „Auch wenn sich einzelne Anforderungen ändern, sehen wir klare Vorteile in einem hohen Maß an Transparenz und Verantwortung entlang der gesamten Lieferkette“, so Steyr-Motors zum Börsen-Kurier.

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