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Aktuelle Marktanalyse: Alles noch im Lot

Christoph Schultes

Nach einem doch eher verregneten August strahlte im September wieder die Sonne vom Himmel, zumindest an den Aktienmärkten. Der Eurostoxx konnte 5 % zulegen, wobei alle Subindizes bis auf die defensiven Real Estate und Utilities auf der Gewinnerseite standen. Gesucht waren vor allem zyklische Werte. Der „Reflation“-Zug gewinnt also wieder an Fahrt.

Der ATX gewinnt auf Monatssicht knapp 3 % und notiert auf dem höchsten Stand der letzten neun Jahre. Seit Jahresbeginn steht ein Plus von unglaublichen 28 % – oder 733 Indexpunkten – zu Buche. Der österreichische Leitindex stellt damit die meisten internationalen Indizes klar in den Schatten. Es waren vor allem die Bankwerte und die OMV, die den Index nach oben zogen. Erste Group, RBI und OMV alleine steuerten rund 500 Indexpunkte bei. Gerade sehen wir S&P und DAX zu neuen Höchstständen eilen, da hören wir wieder einmal Zweifel aufkommen, ob das denn noch gerechtfertigt wäre, Stichwort Blasenbildung.

Von einer sehr hohen Bewertung der Aktien ist vor allem die Rede, und diese Argumente sind zum Teil auch gerechtfertigt. Aber eben nur zum Teil. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei den meisten Indizes deutlich über den historischen Durchschnittswerten. Aber betrachtet man beispielsweise die Risikoprämien, also die Differenz zwischen der Renditen, die Aktien abwerfen, und der von festverzinslichen Wertpapieren (z.B. 10-jähriger Staatsanleihen), so lassen sich keine signifikanten Abweichungen zum langfristigen Durchschnitt erkennen.

Argumente, die für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends sprechen, sind die positive wirtschaftliche Entwicklung in den meisten Ländern und die damit (teilweise) verbundenen steigenden Gewinne der Unternehmen. Analysten müssen aktuell ihre Gewinnschätzungen eher nach oben als nach unten revidieren, eine Situation, die es in den letzten 10 Jahren nicht allzu oft gab. Frühindikatoren wie der ISM zeigen weiter nach oben.

So weit, so gut. Die Bewertungen sind hoch, aber eben auch gerechtfertigt, also alles im Lot. Steigende Anleiherenditen werden möglicherweise im nächsten Jahr zu einer Abflachung des positiven Trends an den Aktienmärkten führen. Aufkeimende Zinsängste sehen wir momentan noch als unbegründet.

Von einem Crash sind wir (hoffentlich) noch weit entfernt. Gefahren gehen unserer Meinung nach nicht von hohen Bewertungen, sinkenden Unternehmensgewinnen, auch nicht von Zinsschritten der Notenbanken aus, sondern aktuell einzig und alleine von geopolitischen Verwerfungen. Und diese müssten schon heftig ausfallen, denn die Märkte sind mittlerweile auch schon einiges gewohnt.


Autor:
Christoph Schultes, MBA, CIIA
Chief Analyst
Erste Group Bank AG
4. Oktober 2017

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Hinweis

Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Analysten wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.