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Kein Trend mehr, sondern das „New Normal“

Rudolf Preyer | Börsen-Kurier

Ein Boom nachhaltiger Vermögensverwaltung zieht vor allem Junge in ihren Bann.

„Glauben wir an eine bessere Welt?“, fragt Johannes Rogy, Head of Fund Distribution bei Nordea Asset Management, um gleich die Antwort nachzuschießen: „Wir können diese Frage eindeutig mit JA beantworten!“ Sein Standpunkt ist klar: „Die nachhaltigen und verantwortungsvollen Investmentprodukte stellen sicher, dass wir die Kriterien erfüllen, die zu einer ressourcenschonenden und nachhaltigen Entwicklung der Wirtschaft und Gesellschaft führen.“

„Schon 30 % unserer heurigen Zuflüsse sind den Impact-Fonds nach dem – strengsten – Artikel 9 der EU-Taxonomie zuzurechnen“, sagt Anita Frühwald, Country Head BNP Paribas Asset Management Austria & CEE, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. „Das waren insgesamt 23 Mrd. Euro neues Geld in unserer Sustainable plus fund range.“

Frühwald weist auf eine rigide Änderung im MiFID-II-Beratungsprotokoll nächsten Jahres hin: Der Berater muss dann explizit fragen, ob der Kunde nachhaltig investieren möchte (andernfalls verstieße er gegen das Protokoll).

Impact-Fonds unterliegen dann künftig noch strengeren Reporting-Richtlinien, unter anderem müssen genaue Angaben zum CO2-Ausstoß, Wasserverbrauch, zu Müllvermeidung und Energieverbrauch gemacht werden.

„New Normal“

Ethische Anlageprodukte seien heute kein Trend mehr, sondern das „New Normal“, meint Christian Petter, Head of Austria and CEE von J. Safra Sarasin Fund Management, „ESG-Kriterien sind einfach ein Game Changer, wer sie nicht erfüllt, wird schon mittelfristig am Kapitalmarkt nicht mehr dabei sein“.

Am Veranlagungsmarkt zeigen Ethische Anlageprodukte einen eindeutig verbesserten Risikoertragszusammenhang, so Petter, was man deutlich beim MSCI sehe, wo für den USA-Index die entsprechende SRI-Komponente einen um fast 1 % höheren Ertrag zeigt. Im Fall des MSCI Europe beträgt diese Differenz bereits deutlich mehr als 2 %, und selbst bei Emerging Markets liegt sie bei knapp 2 %. Vereinfacht gesagt bedeute dies, dass bei einem ethischen Investment trotz geringerem Gesamtrisiko ein höherer Ertrag erzielt werden könne.

Sarasin Asset Management zählt zu den Pionieren dieser Entwicklung, ethische Anlageprodukte werden bereits seit 1986 angeboten und seit 1989 werden ethische Fonds emittiert.

Petter abschließend: „Bei Safra Sarasin ist es so, dass heute ausschließlich nachhaltige Bankprodukte angeboten werden. Wir glauben, dass bereits 2025 die Hälfte aller Investmentfonds in Europa aus dem nachhaltigen Bereich kommen werden.“

Wechselbereitschaft bei jungen Kunden

Das österreichische Beratungsunternehmen BearingPoint hat bei Verbrauchern nachgefragt, wie wichtig ihnen Nachhaltigkeit bei Geldanlagen ist. Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass gerade bei den 18- bis 24-Jährigen das Interesse am Ethischen Investment deutlich angestiegen ist. Bei dieser Alterskohorte ist das Thema inzwischen schon das wichtigste Entscheidungskriterium bei der Geldanlage – noch vor Sicherheit, Rendite und Kosten.

Dies bestätigt auch Rogy: „Wir bemerken, dass junge Leute eine höhere Bereitschaft mitbringen, bei Veranlagungen auf Umwelt- und Nachhaltigkeit zu achten.“ Daher stellt Nordea den Kunden digitale Informations- und Ausbildungstools zu Verfügung, „mit denen sie sich einen guten Überblick über die aktuellen Entwicklungen auf diesem Gebiet machen können“.

Folgerichtig zeigt sich in dieser Altersgruppe auch eine größere Bereitschaft, für mehr Nachhaltigkeit auch höhere Kosten bei Bankprodukten wie z.B. Investmentprodukten in Kauf zu nehmen.

„Banken sind gut beraten, sich bei der Entwicklung nachhaltiger Finanzprodukte für den Markt nicht nur auf klassische Firmenkunden zu konzentrieren“, betont Andreas Unger, Partner bei BearingPoint, „denn die Zukunft der Banken ist aufgrund des immer stärker werdenden Wettbewerbs eng mit der Gunst der jungen Privatkunden verknüpft“.

Auch die Bereitschaft, zu einer anderen Bank mit einem breiteren Portfolio an ökologisch nachhaltigen Produkten zu wechseln, ist laut BearingPoint-Studie bei jüngeren Kunden ausgeprägter.

Ein Viertel nachhaltig

Von den insgesamt rund 218 Mrd. Euro in österreichischen Fonds verwaltetem Vermögen sind laut der Finanzmarktaufsicht (FMA) bereits 53 Mrd. Euro unter Nachhaltigkeitskriterien veranlagt – also etwa ein Viertel: 347 der insgesamt 1.974 Fonds sind so einzustufen.

Dazu erklärt der FMA-Vorstand Helmut Ettl: „Die neuen EU-Offenlegungspflichten zur Nachhaltigkeit von Finanzprodukten sind für alle Marktteilnehmer von großer Bedeutung, insbesondere aber für unerfahrene und Kleinanleger.“

Besonders erfolgreich unter den österreichischen Nachhaltigkeitsfonds sind jene nach dem „Österreichischen Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte“ UZ49. So waren zum 30. September 2021 bereits 103 Fonds mit einem verwalteten Vermögen von 23,6 Mrd. Euro nach dem UZ49 veranlagt, ein Zufluss von 10,1 Mrd. Euro bzw. 74,8 % innerhalb eines Jahres. Zusätzlich werden zwei Immobilienfonds mit dem Volumen von 609 Mio. Euro nach dem UZ49 gemanagt.

Abschließend der Tenor der Experten: ESG-Investments bedeuten den größten Wandel der Investmentlandschaft seit der Einführung von ETFs


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