Roman Steinbauer | Börsen-Kurier
An den Börsen lauern bis Ende November Rückschläge.
Nach Angaben des Investment-Strategieberaters Yardeni Research steht der September seit 1928 insgesamt für die schwächste Monatsentwicklung an den Aktienmärkten. Oktober und November weisen wiederum die „schwärzesten“ Handelstage der Geschichte auf. Die Chance für Anleger, Aktien zur Adventzeit deutlich günstiger als im Augenblick zu erwerben, steigt heuer nebenbei auch durch andere Faktoren. Aus Sicht vieler Strategen bereitete sich jüngst der Boden für eine deutliche Korrektur auf. Für Ernüchterung sorgt die Erkenntnis, die chinesische Volkswirtschaft werde im Jahr 2023 keine Marktimpulse mehr setzen. Weder die jüngste Datenlage Europas noch jene der USA ist dazu geeignet, die Finanzplätze zu stimulieren.
Herb enttäuschte in der Vorwoche die Veröffentlichung der Auftragslage der deutschen Industrie durch das Statistische Bundesamt. Sie brach im Juli um 11,7 % zum Vormonat ein - der massivste Abschwung seit Sommer 2020. Zudem zog die Inflationsrate im August wieder um einen Zehntelpunkt auf 6,1 % an. Zu den Steigerungen der Güter- und Dienstleistungspreise reihten sich weitere negative Komponenten ein: Die Notiz des europäischen TTF-Futures für LNG-Erdgas schoss am Donnerstag vergangener Woche um bis zu 8 % auf 34 Euro hoch, nachdem die Lohnverhandlungen der Chevron-Mitarbeiter im australischen Gassektor scheiterten. Es droht am fünften Kontinent nun eine Arbeitsaussetzung bis mindestens 14. September.
Spekulationen, wonach in den USA heuer Zinssenkungen nahen, wurden von anderer Seite endgültig getilgt. Denn die jüngste Datenvorgabe lief für die US-Notenbank (Fed) konträr. Für die Woche zum 31. August meldete das US-Arbeitsministerium einen Rückgang der Neu-Anträge auf Arbeitslosengeld um 8 % auf 216.000. Zudem stiegen die Lohnkosten (ein Indikator für die Inflation) im 2. Quartal zum Vorquartal um 2,2 % (erwartet waren 1,6 %) wieder rascher an.
Die an vielen Fronten fragile makroökonomische Lage bezeichnete der Ökonom und Präsident der Queens‘ College Cambridge Universität, Mohamed El Erian, kürzlich in einem Bloomberg-TV-Interview als instabil: „Die globale Kommunikation zu Wirtschaftsfragen ist derzeit so unzureichend wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Dazu ist unklar, wie lange die Zinsen hoch bleiben werden.“ Gehälter zögen an, die Beschäftigung steige, der Service-Sektor sei stark, die Agrarpreise begännen wieder zu steigen.
Daher gestalte sich die Situation für die Fed komplex wie selten zuvor. Dennoch gelte es, die Abhängigkeiten zum Rest der Welt abzuwägen. Für El Erian bleibt die globale Versorgungskette der wichtigste Unsicherheitsfaktor. Zum Angebot und der Nachfrage an Gütern gäbe es derzeit kaum eine Transparenz. Er wies überdies auf irrationale Entwicklungen wie hohe Aktiennotizen und einen steigenden Ölpreis hin, obwohl die chinesische Nachfrage unter Druck sei. Europas Wirtschaft hätte sich angesichts der widrigen Umstände zwar gut gehalten, doch könne China kurzfristig kaum positiv überraschen. Die Weltkonjunktur hänge auf absehbare Zeit an den USA, die von hohen Investitionstätigkeiten aus dem Ausland profitiere.
Den Aktienmarkt betreffend mahnte der Fondsmanager der deutschen DWS Group, Klaus Kaldemorgen, in der Vorwoche gegenüber dem Handelsblatt Geduld ein. Eine ausgeprägte Herbst-Korrektur abzuwarten, biete in der Folge die Einstiegsbasis für ein zusätzliches Gewinnpotential von 10 % für die nachfolgenden zwölf Monate.
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