Die österreichische Wirtschaft wuchs 2015 insgesamt um 0,9% (2014: 0,4%). Das Quartalswachstum zeigt im Jahresvergleich eine deutliche Verbesserung ab dem zweiten Quartal. Von Q1 bis Q4 2015 wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) jeweils gegenüber Vorjahr um +0,5%, +0,9%, +1,0% und +1,1%. Das Wachstum wurde besonders durch die Belebung der Investitionstätigkeit, dem privaten Konsum und dem Außenhandel unterstützt. Im vierten Quartal war der Beitrag des öffentlichen Konsums besonders stark, beeinflusst durch die Ausgaben für die Flüchtlinge.

Die Befragungsergebnisse des WIFO-Konjunkturtests im März zeigen eine stabile Einschätzung des Konjunkturklimas. Die aktuelle Konjunkturlage wird von den österreichischen Unternehmen dabei etwas besser beurteilt als im Vormonat, der Ausblick auf die kommenden Monate fällt aber etwas ungünstiger aus.

Das Research der Erste Group erwartet für 2016-2017 eine Fortsetzung der Belebung der österreichischen Wirtschaft und rechnet mit einem realen Wirtschaftswachstum von jeweils 1,7%. Die Wachstumserwartung beruht auf einer anhaltend guten Binnennachfrage, die von der Steuerreform und den staatlichen Ausgaben unterstützt wird. Zusammen mit den niedrigen Zinsen sollten auch Anreize für eine weitere Erholung der Investitionstätigkeit gegeben sein. Die Abwärtsrisiken zu dieser Prognose sind allerdings weiterhin gegeben.

20152016f2017f
Reales BIP, %0,91,71,7
Inflation0,81,21,8
Arbeitslosenrate5,76,16,2
Budgetdefizit % BIP-1,2-1,4-1,3
Staatsverschuldung in % d. BIP86,285,184,1

Quelle: Statistik Austria, BMF, Erste Group Research

Österreich verliert an Wettbewerbsfähigkeit

Auch wenn sich die Wirtschaft etwas erholt hat, so bleibt diese im Vergleich in den anderen Ländern zurück. Nach einer Analyse der Erste Group Bank wuchs Österreich während der Periode 2002 - 2013 schneller als der Eurozonen-Durchschnitt (und 2002-2009 auch schneller als Deutschland), 2014 wurde dieser Trend jedoch unterbrochen. Seit zwei Jahren ist das BIP-Wachstum Österreichs unterdurchschnittlich. Auch der Wohlstand gemessen am BIP pro Kopf ist gesunken: 2012 war Österreich das zweitreichste Land der EU, ist jedoch 2014 auf Platz 6 gerutscht.

Laut einer Studie der Europäischen Kommission1 kann die Verlangsamung des Potenzialwachstums in Österreich durch die fallende Arbeitsproduktivität erklärt werden. Die Produktivität fällt seit 2011 niedriger als jene von Deutschland und auch der Eurozone aus. Dafür verantwortlich sind die steigenden Preise. So ist die Inflation in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern deutlich höher ausgefallen. Die Teuerungen sind durch höhere Steuern und Abgaben hausgemacht. Diese Faktoren spielen beim Verlust der Preiswettbewerbsfähigkeit eine große Rolle. Nach vorne blickend könnte die Steuerreform den privaten Konsum etwas stimulierend wirken. In Summe bleiben die prognostizierten Wachstumsraten relativ verhalten.

Zinsen bleiben tief

Nach der weiteren Lockerung der Geldpolitik seitens der Europäischen Zentralbank am 10. März 2016 bleibt der Ausblick auf die Zinsen und Renditen unverändert. Die Geldmarktzinsen bleiben Nahe Null Prozent und die Renditen von österreichischen Staatsanleihen notieren Nahe dem All-Zeit-Tief vom April des Vorjahres. Der Renditeaufschlag von österreichischen Staatsanleihen gegenüber zehnjährigen deutschen Bundesanleihen hatte sich Anfang Februar, nach Ankündigung des Heta-Rückkaufangebots, vorübergehend kurz ausgeweitet. Nachdem das Angebot am 11. März gescheitert ist, ist der Renditeaufschlag wieder auf das langfristige Niveau von etwa 20 Basispunkten zurückgegangen.

Aktienmärkte bleiben volatil

Der ATX als Leitindex der Wiener Börse konnte auf Jahressicht zwar den deutschen Aktienindex hinter sich lassen, liegt aber ebenso wie der Euro-Stoxx 50 Index deutlich im Minus. Betrachtet man die Wertentwicklung etwas längerfristiger, so erkennt man dass der ATX-Index vom DAX-Index und Euro-Stoxx-50-Index deutlich abgehängt wurde. Positiv formuliert haben die Aktien der Wiener Börse im Vergleich zu diesen Indizes ein erhebliches Aufholpotenzial.

Die Schwankungsfreudigkeit an den Aktienbörsen wird bis auf weiteres hoch bleiben. Der erwartete Zinsanhebungszyklus in den USA und der unsichere Ausblick auf die Weltkonjunktur werden dieses Jahr ständige Begleiter sein. Dennoch: Dividendentitel sollten generell von der Niedrigzinspolitik der Eurozone und von der Suche der Investoren nach Rendite unterstützt werden.

Wertentwicklung ATX-Index, DAX-Index und Euro-Stoxx-50-Index (- 5 Jahre; per 5.4.2016)

Wertentwicklung ATX-Index, DAX-Index und Euro-Stoxx-50-Index (- 5 Jahre; per 5.4.2016)

1 Die Studie der Europäischen Kommission findet man unter 

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Autor:

Paul Severin
Head of Communications Erste Asset Management
Vorstandsmitglied ÖVFA
6. April 2016

Hinweis

Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Analysten wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.

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